EU-Wiederaufbaufonds

Aufbaupläne der großen EU-Staaten sind fix

Die vier großen EU-Staaten Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien reichen am Mittwoch gemeinsam ihre nationalen Aufbaupläne zur Prüfung bei der EU-Kommission ein. In Brüssel ist von einer historischen Wegmarke im Kampf gegen die Coronakrise die Rede.

Aufbaupläne der großen EU-Staaten sind fix

ahe/wü Brüssel/Paris

Die Umsetzung des 750 Mrd. Euro großen EU-Wiederaufbaufonds wird konkret. Mittlerweile haben zumindest alle großen EU-Staaten ihre nationalen Aufbaupläne fertig, in denen detailliert die zu finanzierenden Projekte einschließlich nachprüfbarer Meilensteine festgehalten sind. Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien wollen ihre Pläne am heutigen Mittwoch gemeinsam in Brüssel zur Prüfung einreichen.

„Europa schlägt ein neues Kapitel auf“, betonte Bundesfinanzminister Olaf Scholz am Dienstag in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem französischen Amtskollegen Bruno Le Maire. Der Aufbaufonds mache es möglich, dass auch alle anderen EU-Staaten die nötigen Hilfen erhielten, um gestärkt aus der Krise zu kommen. Dies sei der entscheidende Unterschied zur Finanzkrise von vor gut zehn Jahren.

EU-Kommissionspräsidentin Ur­su­­la von der Leyen bezeichnete den Wiederaufbaufonds am Dienstag als „eine Jahrhundertchance für Europa“ und sprach von einem „historischen Moment“. Die Europäische Kommission werde bei der anstehenden Prüfung der nationalen Pläne darauf achten, dass diese auch den gemeinsamen hohen Ansprüchen genügten, versprach die CDU-Politikerin. Die Investitionen müssten zielgerichtet sein, um Europa fit zu machen für die Zukunft. Die EU müsse für künftige Krisen besser gewappnet sein.

Laut dem vom Bundeskabinett am Dienstag verabschiedeten Plan rechnet Deutschland mit Zuschüssen aus Brüssel von 25,6 Mrd. Euro (netto, ohne Mehrwertsteuer). Daraus folgen Bruttoausgaben, die im Bundeshaushalt veranschlagt werden, von knapp 28 Mrd. Euro.

Rund 40% der deutschen Investitionen zielen auf den Kampf gegen den Klimawandel und die Energiewende ab, was leicht über den Brüsseler Vorgaben (37%) liegt. Geplant sind unter anderem Wasserstoff-Investitionen sowie die Förderung von klimafreundlicher Mobilität und energetischer Gebäudesanierung. Deutlich über der Mindestvorgabe von 20% liegen die Investitionen in die Digitalisierung. Rund die Hälfte der EU-Mittel werden hierfür ausgegeben. An zentraler Stelle stehen zudem europäische Gemeinschaftsprojekte unter anderem in den Bereichen Wasserstoff, Mikroelektronik und Kommunikationstechnologien. Für Strukturreformen sind dagegen kaum Gelder vorgesehen.

Nach einer vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) vorgenommenen Abschätzung der volkswirtschaftlichen Effekte dürfte das deutsche Bruttoinlandsprodukt durch die Maßnahmen langfristig um etwa 2% höher liegen und die Beschäftigung um etwa ein halbes Prozent höher ausfallen.

Breite Kritik kam dennoch aus dem EU-Parlament. „Die Bundesregierung beweist mit diesem Nichtplan eine dekadente Reformunwilligkeit“, monierte der FDP-Abgeordnete Moritz Körner. Die EU-Kommission sei gut beraten, Nachbesserungen und Strukturreformen zu verlangen. Und Markus Ferber (CSU) erklärte: „Der deutsche und der französische Aufbauplan haben leider eines gemein: Sie sprühen nicht vor Reformeifer.“ Ähnlich hatten sich auch die Grünen geäußert.

Die Maßnahmen aus dem französischen Plan stammen alle aus dem im September vorgestellten Konjunkturprogramm im Umfang von 100 Mrd. Euro, das sich um die Themen ökologischer Wandel, Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit sowie den sozialen und territorialen Zusammenhalt dreht. Es soll nicht nur die Auswirkungen der Pandemie bekämpfen, sondern auch strukturelle Probleme angehen und Frankreich für das Jahr 2030 fit machen. Nach Angaben von Minister Le Maire hat Paris bereits rund ein Drittel des Konjunkturprogramms ausgezahlt. 40% des Plans sollen nun durch den EU-Aufbaufonds finanziert werden.

Es sei im Interesse Frankreichs, das begonnene Reformprogramm fortzusetzen und jetzt die Reform der Arbeitslosenversicherung abzuschließen, betonte Le Maire. Um die öffentlichen Finanzen Frankreichs wieder auf eine solide Basis zu stellen, bedürfe es eines mehrjährigen Rahmens mit einer Ausgabenvorschrift.

Le Maire drängte die EU-Kommission, die nationalen Aufbaupläne so schnell wie möglich zu begutachten, damit sie spätestens im Juli grünes Licht erhalten. „Lassen Sie uns Klartext sprechen: Wir waren letztes Jahr bei der Annahme des EU- Wiederaufbauplans und der Entscheidung, gemeinsame Anleihen auszugeben, sehr effizient“, sagte er: „Seitdem haben wir zu viel Zeit verloren.“ China wachse wieder, und die USA erlebten einen Boom. „Europa darf nicht zurückbleiben“, so Le Maire.