Bahn frei für die Ferkelparade
Noch eine Woche bis zum chinesischen Neujahrsfest und dem Wechsel des Tierkreiszeichens vom Hund zum Schwein. Im Chinesischen kennt man den englischen Begriff der “dog days” für eine besonders verkorkste Periode zwar nicht, aber das nun zu Ende gehende Mondkalenderjahr im Zeichen des Hundes hat sich tatsächlich als gnadenlose Aneinanderreihung von solchen entpuppt und sich alles andere als schwanzwedelnd dargestellt.Der zermürbende Handelsstreit mit den USA, depressiv stimmende Aktienmärkte, eine nachlassende Konjunktur und sinkendes Einkommenswachstum haben Chinas legendärer Konsumfreude und Shoppingbegeisterung schwer zugesetzt. Der erste Absatzrückgang im Pkw-Markt sagt alles, die chinesische Jungfamilie zeigt nicht einmal mehr Begeisterung für den Kauf eines neuen SUV, um im Prestigewettbewerb mit der relevanten Peergroup mitzuhalten. Der Nachbar hat schließlich auch kein neues Gefährt auf dem Wohnanlagenparkplatz stehen.Während man in westlichen Industrieländern einen statistischen Zusammenhang zwischen nachlassender Wirtschaftskraft und erhöhter Zeugungsbereitschaft feststellen kann, scheint man sich im auf Verwöhnungsorgien für den Nachwuchs fixierten China beim Gedanken an künftige Erziehungskosten vor der laufenden Konjunkturkulisse eher zurückzuhalten. Obwohl die Regierung vor zwei Jahren die Einkindpolitik zur Zwei-Kind-Erlaubnis abgewandelt hat, ist keine Vitalisierung zu spüren. Im Gegenteil, gerade einmal 17,6 Millionen Neuankömmlinge im Jahr 2018 markieren den niedrigsten Geburtenstand seit 1961, einer Periode mit akuten Hungersnöten im damaligen Mao-Regime. Vielleicht spielt dabei auch das wenig Glück verheißende Hundejahr eine Rolle.Die niedrige Fertilitätsrate und eine beginnende Überalterung der Gesellschaft werden zu einem Problem. Peking hat schon einmal ein Zeichen gesetzt. In der offiziellen Briefmarkenserie der chinesischen Post, die jedes Jahr zum festlichen Anlass herausgegeben wird und ein Verkaufsschlager ist, findet sich unter den fröhlichen Schweinchen-Motiven auch eins, das eine “Familie” mit drei Ferkeln zeigt. Für viele ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass man auf dem Weg zur Dreikindpolitik ist. Schließlich wurde 2016 auf dem Weg ins Affenjahr die Lockerung zur Zweikindpolitik über eine Briefmarke mit zwei Affenbabys avisiert.Im Zweifelsfall kann sich der Staat geburtenpolitisch erst einmal zurücklehnen und auf die Entfaltung der Tierkreiszeichensymbolik vertrauen. Es gibt beredte Anzeichen für einen Aufstau der Zeugungsbereitschaft, der sich demnächst zu entladen beginnt. Man hat sich ein wenig zurückgehalten, um die Verwandtschaft mit Geburten im Schweinejahr zu beglücken. Da das Schwein nicht nur eine Glücksbringer-Funktion hat, sondern in China vor allem auch Wohlstand symbolisiert, gehört es unter den insgesamt zwölf Tierkreiszeichen zusammen mit dem Drachen und dem Tiger geburtentechnisch zu den beliebtesten.Über die kommerzielle Vermarktung von Schweinchenmotiven muss man sich keine Sorgen machen, insbesondere nicht auf der Brexit-geplagten Insel. Die britische Cartoon-Serie “Peppa Pig” (im Deutschen auch als “Peppa Wutz” bekannt) ist in China schon seit geraumer Zeit ein Renner und erfährt nun einen zusätzlichen Popularitätsschub, der alle Dimensionen sprengt und für den Lizenzrechteinhaber Entertainment One in jedem Fall wohlstandsverheißend ist.Während die USA bei den bevorzugten Auslandsdestinationen für chinesische Touristen in der jetzt anstehenden großen Ferienzeit eher nachlassen, ist Großbritannien im Kommen. Zum einen ist das britische Pfund aus chinesischer Sicht richtig schön schwach geworden, zum anderen lockt in Hampshire mit dem Themenpark Peppa Pig World ein Reiseziel, in dem sich Peppa-Fans im Freien austoben können. Ein Peppa-Pig-World-Erlebnis auf chinesischem Boden gibt es auch bereits, allerdings nur “indoors”. Es wurde im Herbst in einer Schanghaier Shopping Mall aus dem Boden gestampft und dürfte beim noch gesteigerten Massenandrang in der Neujahrsfestwoche einen richtigen Saustall abgeben.