Ben Bernanke 65
det – Seriös, nachdenklich, analytisch, gewissenhaft und beherrscht – so wird Ben Bernanke von Menschen beschrieben, die mit ihm regelmäßig zu tun hatten. Vier Jahre ist es jetzt her, dass der frühere US-Notenbank-Vorsitzende aus dem Amt geschieden ist. Die ihm zugeschriebenen Attribute sind durchweg solche, die dem ehemaligen Chef der Federal Reserve während seiner acht Jahre in dem Job sicherlich zugutekamen, zählten diese doch zu den turbulentesten in der Geschichte der Zentralbank. Eher zurückhaltender TypDer Nationalökonom, der zuvor an der Princeton-Universität gelehrt hatte und unter Präsident George W. Bush den Beraterstab Council of Economic Advisors (CEA) leitete, zählt zu jenen Fed-Chefs, von denen man zunächst glaubte, dass sie den Posten am liebsten gemieden hätten. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Alan Greenspan, der das Rampenlicht sichtlich genoss und bei Kongressauftritten mit kryptischen, komplizierten Erklärungen unter ahnungslosen Parlamentariern Verwirrung stiftete, wirkte Bernanke eher wie ein verlegener Schuljunge, der lieber zuhause an seinen Hausaufgaben säße. Nachdem fast zeitgleich mit seinem Amtsantritt aber 2006 die Preisblase am US-Häusermarkt platzte und das Finanzsystem an den Rand des Abgrunds trieb, hatte der frisch gekürte Notenbankchef keine Wahl, als dem Kongress immer wieder Rede und Antwort zu stehen.Schnell wuchs Bernanke mit seinen Aufgaben. Immer selbstsicherer in seinem Auftreten war er um zunehmende Transparenz der Geldpolitik bemüht und sah darin eine wichtige Voraussetzung, um das Vertrauen der Märkte ebenso wie das der breiten Öffentlichkeit zurückzugewinnen. Zusammen mit dem damaligen US-Finanzminister Hank Paulson spielte Bernanke eine maßgebliche Rolle beim Schnüren des staatlichen Hilfspakets, welches die als systemrelevant angesehenen Banken vor dem Untergang bewahrte. Als oberster Währungshüter legte er nicht nur drei Anleihenkaufprogramme auf, sondern initiierte auch jene Nullzinspolitik, die selbst unter seiner Nachfolgerin Janet Yellen noch Bestand haben würde.Während Befürworter meinen, dass Bernanke einen entscheidenden Beitrag geleistet habe, um den Weg für den konjunkturellen Aufschwung zu bereiten, den dieser Tage US-Präsident Donald Trump gern für sich in Anspruch nimmt, sehen Kritiker das Glas als eher halb leer an. Gerade der Notenbankchef, der sich als Akademiker auf die Ursachen der Weltwirtschaftskrise spezialisiert hatte, hätte in ihren Augen die Krise voraussehen müssen. Unter Beschuss geriet er auch wegen der ultralockeren Geldpolitik, in der viele Subventionen sahen, welche die Banken für ihre exzessiven Risikoaufnahmen obendrein belohnten. Überwiegend positives UrteilHistorisch gesehen wird das Urteil über Bernanke wohl überwiegend positiv auffallen. Schließlich waren die Voraussetzungen für die Preisblase am Immobilienmarkt längst gegeben, als er bei der Fed das Ruder übernahm, und wie auch Präsident Barack Obama sagte, als er Bernanke für eine zweite Amtsperiode nominierte, hatte er tatsächlich dazu beigetragen, eine weitere Depression abzuwenden. Heute ist der eher stille Denker, der als Sohn eines Apothekers und einer Lehrerin in bescheidenen Verhältnissen in South Carolina aufwuchs, wieder in seinem Element. Bei der Brookings Institution schreibt er Blogs zu relevanten wirtschaftspolitischen Themen, blickt aber lieber zurück, als Stellungnahmen zur Politik des amtierenden Fed-Chefs Jerome Powell abzugeben. Auch arbeitet Bernanke, der Donnerstag 65 wird, als Senior Advisor für den Hedgefonds Citadel und die Investmentgesellschaft Pimco.