Investitionskontrolle

Berlin redet bei sicherheits­kritischen Branchen mit

Mit einer Ausweitung auf sicherheitskritische Sektoren verschärft die Bundesregierung die Investitionskontrolle für EU-Fremde. Die Wirtschaft rechnet mit deutlich mehr Fallzahlen.

Berlin redet bei sicherheits­kritischen Branchen mit

Die Bundesregierung will bei mehr ausländischen Direktinvestitionen aus Drittländern jenseits der EU-Grenzen mitreden und hat dafür rechtliche Schritte in die Wege geleitet. Das Bundeskabinett beschloss in Berlin die 17. Novelle der Außenwirtschaftsverordnung. Die Regierung kann danach künftig auch Investitionen in sicherheitskritischen Branchen prüfen und untersagen. Zugleich hob das Kabinett die zuletzt auf 10% gesenkten Aufgreifschwellen für diese Branchen auf 20% an. „Das ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass auch künftig viele Unternehmen hier investieren können“, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in Berlin. Deutschland sei ein „sehr investitionsoffenes Land“ mit einer „sehr zurückhaltenden Investitionsprüfung“. Die höheren Aufgreifschwellen sollen besonders Start-ups und Finanzinvestoren entlasten.

Bislang setzt die Untersagung einer ausländischen Direktinvestition die Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit voraus. Nun wird der staatliche Eingriff auch auf sicherheitskritische Sektoren erweitert. Die Regierung solle genauer prüfen können, wenn wichtige Sicherheitsinteressen berührt seien, teilte das Ministerium mit. Auch künftig werde die Bundesregierung eine ausländische Direktinvestition nur im Ausnahmefall untersagen. Konkret liege der Fokus der Neuregelungen auf Zukunfts- und Hochtechnologiesektoren wie künstliche Intelligenz, autonomes Fahren, Halbleiter, Optoelektronik oder Quantentechnologie. Der Erwerb von 20% oder mehr Anteilen durch EU-Fremde löst eine Meldepflicht aus. Bei kritischen Infrastrukturen und im Rüstungsbereich bleibt es indessen bei den ursprünglichen 10%. Die Novelle tritt mit der amtlichen Veröffentlichung in Kürze in Kraft. Bundestag und Bundesrat müssen nicht zustimmen. Der Bundestag kann die Regelung binnen vier Monaten aufheben.

Aus der Wirtschaft kam positive Resonanz auf das Heraufsetzen der Prüfschwellen und auf die Regelung zum sogenannten Hinzuerwerben. Demnach muss nicht jeder minimale Schritt gemeldet werden, sondern nur das Überschreiten bestimmter Schwellenwerte. Gleichwohl rechnen Experten mit enorm vielen zusätzlichen Prüfungen. Christoph Barth, Partner der Anwaltskanzlei Linklaters, erwartet eine Verdreifachung der Fallzahlen bei der Investitionskontrolle. „Die Novelle wird im Ergebnis zu einer wesentlichen Mehrbelastung von Unternehmen führen“, sagte Barth der Börsen-Zeitung. Dies sei besonders in vielen Zukunfts- und Hochtechnologiebereichen problematisch, wo Unternehmen auf ausländische Kapitalzuflüsse angewiesen seien.

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