Arbeitsmarkt

Betriebe können Verdienstlücke verringern

Männer und Frauen sollen gleich viel verdienen, lautet ein Ziel der Bundesregierung. Betriebe können die Verdienstlücke deutlich verringern. Das legt eine neue IAB-Studie eindrücklich dar.

Betriebe können Verdienstlücke verringern

Betriebe können Verdienstlücke verringern

IAB-Analyse: Weniger Ungleichheit in Betrieben mit Tarifvertrag oder Betriebsrat – Mehr Firmen mit freiwilligen Maßnahmen

ast Frankfurt

Betriebe, die in Maßnahmen zur Gleichstellung der Geschlechter investieren, können die Verdienstlücke zwischen Frauen und Männern spürbar verringern. Zu diesem Schluss kommt eine Analyse, die das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg am Dienstag vorgestellt hat. Demnach ist die sogenannte Gender Pay Gap, also die Geschlechterlohnlücke bei Stundenlöhnen, in Betrieben mit Gleichstellungsmaßnahmen geringer als in Betrieben ohne diese Maßnahmen. Die IAB-Forscher empfehlen angesichts der Ergebnisse der Studie die stärkere politische Förderung solcher Maßnahmen.

Die Richtung stimmt

Einerseits hat sich die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern in Deutschland seit 2004 um 5 Prozentpunkte verringert. Auf der anderen Seite lag sie jedoch nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im vergangenen Jahr immer noch bei 18%. Im europäischen Vergleich fällt die deutsche Gender Pay Gap zudem sehr hoch aus. Während die unbereinigte Verdienstlücke nach Berechnung des europäischen Statistikamts Eurostat für die EU im Durchschnitt bei 12,7% lag, sind es in Deutschland mit 17,6% fast 5 Prozentpunkte mehr. Nur in Estland und Österreich maßen die Statistiker größere Verdienstunterschiede.

Die Politik hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Lücke weiter zu schließen, und dafür in den vergangenen Jahren verstärkt die Betriebe in die Pflicht genommen. Mit teilweisem Erfolg, wie die Studie nun zeigt. Zum einen ist die Zahl der Betriebe, die mindestens eine Maßnahme zur Gleichstellung der Geschlechter umgesetzt haben, seit 2004 spürbar gestiegen – um 19 Prozentpunkte auf nunmehr 43%. Zum anderen haben diese Maßnahmen, zu denen etwa betriebliche Kinderbetreuungsangebote, Angebote an Mitarbeiter in Elternzeit oder die gezielte Förderung weiblicher Nachwuchskräfte etwa durch Mentoringprogramme gehören, einen tatsächlichen Effekt auf die Lohnentwicklung beider Geschlechter.

So kommen die IAB-Forscher auf Grundlage der von ihnen durchgeführten Regressionsanalysen zu dem Schluss, dass mit jedem weiteren Mittel zur Gleichstellung der Geschlechter in einem Betrieb der Verdienst der Männer um etwa 1% wächst, derjenige der weiblichen Kolleginnen jedoch um 3,5%. Daraus folgern die Ökonomen, dass sich die Verdienstlücke um 2,5 Prozentpunkte verkleinert. IAB-Forscher Florian Zimmermann erklärt: „Diese Maßnahmen können zu einer Reduktion des Gender Pay Gaps beitragen, indem Frauen im Betrieb beispielsweise flexibler arbeiten können oder häufiger befördert werden.“

Mehr hilft mehr

Auch die Menge der angewendeten Mittel macht einen Unterschied. So schreiben die Forscher: "Unterscheidet man die Betriebe nach Anzahl der eingeführten Maßnahmen, ist deutlich zu erkennen, dass die Verdienstlücke zwischen Frauen und Männern in Betrieben mit mehr Maßnahmen kleiner ist." So beträgt die Lohnlücke in allen untersuchten Betrieben 21,0%. In Betrieben ohne Maßnahmen zur Gleichstellung betrug die Verdienstlücke durchschnittlich sogar 21,6%. In Betrieben mit einer oder zwei Maßnahmen nur noch 19,2%. Und wenn Unternehmen gar auf drei oder vier Maßnahmen zurückgriffen, verringerte sich die Lohnlücke auf 11,8%. Das allerdings gilt vor allem für westdeutsche Betriebe. In Ostdeutschland, mutmaßen die Forscher, decken die besseren Rahmenbedingungen einen Teil der Wirkung solcher Maßnahmen ab. So beträgt die bereinigte Lohnlücke dort nur 9% in Betrieben ohne Maßnahmen – in Westdeutschland ermittelt das IAB hier 18%.

Konkret schreiben die Autoren, dass die Politik die Verringerung der Lohnlücke durch die öffentliche Förderung betrieblicher Maßnahmen unterstützen könnte: "So könnte man etwa den Ausbau des Angebots an betrieblichen Kinderbetreuungsangeboten unterstützen".

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