Weltordnung

BRICS-Erweiterung soll mehr Macht sichern

Zum neuen Jahr wächst die BRICS-Gruppe wichtiger Schwellenländer. Dann sollen sich etwa Argentinien, Saudi-Arabien und der Iran der Gruppe aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika anschließen. Treiber der Erweiterung sind Peking und Moskau. Sie pochen auf ein Gegengewicht zum Westen.

BRICS-Erweiterung soll mehr Macht sichern

BRICS-Erweiterung für mehr Macht

Staatenblock nimmt unter anderem Iran und Saudi-Arabien auf – Gegengewicht zum Westen – Konflikte innerhalb der Gruppe

Zum neuen Jahr wächst die BRICS-Gruppe wichtiger Schwellenländer. Dann sollen sich etwa Argentinien, Saudi-Arabien und der Iran der Gruppe aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika anschließen. Treiber der Erweiterung sind Peking und Moskau. Sie pochen auf ein Gegengewicht zu den USA und dem Westen.

ms Frankfurt

Drei Tage lang haben sie beraten und miteinander gerungen, jetzt steht die Entscheidung: Die BRICS-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika wollen ihre Gruppe erweitern, um das internationale Gewicht des Blocks zu erhöhen und ein starkes politisches sowie wirtschaftliches Gegengewicht zum Westen zu etablieren. Zum 1. Januar 2024 sollen Saudi-Arabien, der Iran, die Vereinigten Arabischen Emirate, Argentinien, Ägypten und Äthiopien beitreten, wie es am Donnerstag nach Abschluss des BRICS-Gipfels im südafrikanischen Johannesburg hieß. Chinas Präsident Xi Jinping nannte die Erweiterung historisch. Im Westen fielen erste Reaktionen gemischt, aber überwiegend zurückhaltend aus.

Geopolitische Fragmentierung

Die Erweiterung kommt zu einer politisch wie wirtschaftlich heiklen Zeit. Der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine hat die weltweite Staatengemeinschaft auseinandergetrieben. Während der Westen mit teils beispiellosen Sanktionen reagierte, hielten sich andere Staaten, nicht zuletzt China, selbst mit Kritik zurück. Zuvor hatten bereits die Corona-Pandemie und die wirtschaftlichen Folgen zu mehr Deglobalisierung und Protektionismus geführt. Die geopolitische und geoökonomische Fragmentierung gilt auch dem Internationalen Währungsfonds (IWF) kurz- und langfristig als eines der größten Risiken für die Weltwirtschaft.

Vor allem China und Russland pochen auf ein Gegengewicht zum Westen, Brasilien lehnt dagegen eine Frontstellung etwa zu dem G7-Bündnis der wichtigsten westlichen Industrieländer ab. Die Erweiterung werde der Kooperation der Gruppe neue Impulse verleihen und sei historisch, sagte der chinesische Präsident Xi in Johannesburg. Russlands Präsident Wladimir Putin, der wegen eines internationalen Haftbefehls gegen ihn nicht zum Gipfel gereist war, dankte Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa für dessen Einsatz für eine Erweiterung.

Laut südafrikanischen Beamten haben mehr als 40 Länder ihr Interesse an einem Beitritt bekundet, 22 haben offiziell um Aufnahme gebeten. Das Interesse anderer Länder an einer Mitgliedschaft zeige, wie wichtig deren Streben nach einer neuen Weltwirtschaftsordnung sei, sagte Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva. Der aktuelle BRICS-Block repräsentiert etwa 40% der Weltbevölkerung und ein Viertel des globalen Bruttoinlandsprodukts. Seine Bedeutung hat in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten deutlich zugenommen (siehe Grafik). Allerdings gibt es innerhalb des Blocks immer wieder Spannungen – nicht zuletzt zwischen China und Indien über Grenzfragen. Die wollen beide Länder nun ausräumen, wie sie in Johannesburg ankündigten.

UN-Generalsekretär António Guterres sprach sich am Donnerstag beim BRICS-Gipfels für eine Reform multilateraler Institutionen aus. "Wir bewegen uns auf eine multipolare Welt zu und das ist eine positive Sache", sagte Guterres kurz nach der Ankündigung zur Erweiterung. Die aktuelle Ordnung der Weltwirtschaft "spiegelt die Welt von gestern wider".

Dagegen äußerte sich Reinhard Bütikofer, außenpolitischer Koordinator der Grüne/EFA-Fraktion im Europaparlament, sehr kritisch. "Mit der beschlossenen Erweiterungsrunde wird sich auch der Charakter von BRICS ändern. Chinas Dominanz wird wachsen, und BRICS wird zu einer eindeutig autoritär orientierten Gruppe."

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sprach sich für eine Zusammenarbeit auch mit den neuen BRICS-Mitgliedern aus. Sie teile nicht, was in der deutschen Öffentlichkeit diskutiert werde, dass es ein Problem sei, wenn BRICS-Staaten sich träfen, sagte sie in Berlin. Als Europäer, als OSZE oder G20 wähle man seine Treffen ja auch frei und selbst.

"Die BRICS-Staaten haben weiterhin keine politischen Leitlinien", sagte der Ökonom Karl-Heinz Paqué, Vorstandsvorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung, der Deutschen Presse-Agentur. Die geplante Erweiterung des Bündnisses, darunter vier eindeutig autoritär regierte Staaten, bestätige, dass den Staatenlenkern ein strategischer Kompass fehle. "Ihnen geht es allein darum, möglichst viele Mitläufer auf die vermeintlich antiwestliche Seite zu ziehen."

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