Handelspolitik

Britische Regierung hofft auf Freihandel mit Indien

Die britische Wirtschaftsministerin Kemi Badenoch befindet sich zu Gesprächen über ein Freihandelsabkommen in Indien. Boris Johnson hatte im April vergangenen Jahres angekündigt, bis zum Diwali-Lichterfest im Herbst werde es beschlossene Sache sein. Vielleicht klappt es ja in diesem Jahr.

Britische Regierung hofft auf Freihandel mit Indien

Britische Regierung hofft auf Freihandel mit Indien

Wirtschaftsministerin Badenoch zu Verhandlungen auf dem Subkontinent – Streitthema Freizügigkeit

hip London

Ein Freihandelsabkommen mit Indien ist von Brexit-Befürwortern stets als große Chance für Großbritannien nach dem EU-Austritt genannt worden. Es wäre die bislang größte Vereinbarung dieser Art, die das Land nach Verlassen der Staatengemeinschaft erzielen konnte. Wirtschaftsministerin Kemi Badenoch befindet sich zu Gesprächen in Indien. Das hat Hoffnungen geweckt, ein Abkommen könnte vielleicht schon unterzeichnet werden, wenn Premierminister Rishi Sunak im kommenden Monat zum G20-Gipfel nach Neu-Delhi reist. Sein Vorgänger Boris Johnson hatte im April vergangenen Jahres noch gesagt, bis zum Hindu-Lichterfest Diwali im Herbst werde ein Deal in trockenen Tüchern sein. Dazu kam es allerdings ebenso wenig wie zu einem Freihandelsabkommen mit den Vereinigten Staaten.

Einer vom medizinischen Fachmagazin "Lancet" veröffentlichten Studie zufolge wird Indien Japan 2050 als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt ablösen. Grundlage der Vorhersage sind Szenarien zum Wachstum der erwerbsfähigen Bevölkerung. Gautam Adani, der Chairman der Adani Group, zeigte sich optimistischer. Das Land könne schon deutlich vor 2030 an Deutschland und Japan vorbeiziehen und bis 2050 zur Nummer 2 weltweit aufsteigen. Indien verfügt bislang noch nicht über viele Freihandelsvereinbarungen. Die Verhandlungen zwischen London und Neu-Delhi gehen bereits in die 13. Runde. Das zeigt, dass erhebliche Differenzen auszuräumen sind.

„Big Win“ winkt

Aus Sicht von William Bain, der beim Dachverband der britischen Handelskammern BCC (British Chambers of Commerce) das Thema Handelspolitik verantwortet, wäre ein Abkommen ein „Big Win“ für Großbritannien. „Es ist einer der größeren Exportmärkte und es ist einer, in dem der Wohlstand stark zunimmt“, sagte er der BBC, insbesondere für die Touristik, professionelle Dienstleistungen und die Finanzbranche. In Großbritannien steuert die Dienstleistungsbranche vier Fünftel zur Wirtschaftsleistung bei. Wenn es im weiteren Jahresverlauf eine Phase gebe, in der sich die beiden Premierminister persönlich treffen, um einen weiteren Anlauf zu unternehmen, werde es um Zugang für britische Dienstleister zum indischen Markt im Gegenzug für besseren Zugang nach Großbritannien für indische Bürger gehen, sagte Bain.

Für die in London regierenden Konservativen ist das ein Problem, denn seit dem EU-Austritt ist die Zuwanderung nicht wie von Brexit-Befürwortern versprochen zurückgegangen, sondern dramatisch gestiegen. Innenministerin Suella Braverman hatte sich im vergangenen Jahr besorgt darüber gezeigt, dass es zu einer Zuwanderungspolitik der offenen Grenzen mit Indien kommen könnte. Schon heute handele es sich bei der größten Gruppe der Menschen, die länger im Land blieben, als ihre Visa zuließen, um indische Staatsbürger. Wie der „Telegraph“ unter Berufung auf britische Beamte berichtet, will man in Whitehall für indische Krankenschwestern und Pflegekräfte keine Ausnahmen vom punktebasierten Einwanderungssystem zulassen. Badenoch zufolge wäre das nur für kurze Zeit und auf vorübergehender Basis möglich.

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