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Bundesregierung holt zum großen Schlag für Start-ups aus

Von Stefan Paravicini, Berlin Börsen-Zeitung, 15.12.2020 Junge Firmen mit neuen Ideen sind die Zukunft des Wirtschaftsstandorts. Im internationalen Vergleich tun sich Start-ups in Deutschland aber häufig schwer mit der Finanzierung, vor allem wenn...

Bundesregierung holt zum großen Schlag für Start-ups aus

Von Stefan Paravicini, BerlinJunge Firmen mit neuen Ideen sind die Zukunft des Wirtschaftsstandorts. Im internationalen Vergleich tun sich Start-ups in Deutschland aber häufig schwer mit der Finanzierung, vor allem wenn es um die Finanzierung von schnellem Wachstum nach der Gründungs- und Frühphase geht. Die Bundesregierung will hier schon länger Abhilfe schaffen. Mit der Verabschiedung des Bundeshaushalts für 2021 sind seit der vergangenen Woche auch die Mittel für den seit dem Start der Legislaturperiode diskutierten Beteiligungsfonds für Zukunftstechnologien (“Zukunftsfonds”) gesichert. Zehn Milliarden in zehn JahrenIn den nächsten zehn Jahren sollen auf diesem Wege 10 Mrd. Euro direkt oder via anderer Risikokapitalfonds in Nachwuchsfirmen investiert werden. Innerhalb der laufenden Legislaturperiode habe die Bundesregierung die Mittel für Investitionen in Start-ups von ursprünglich 4 Mrd. Euro damit verfünffacht, rechnet Thomas Jarzombek (CDU), der Startup-Beauftragte der Bundesregierung, vor. So wurden die Mittel für Start-ups in den vergangen Jahren im Zuge der Gründung der KfW Capital und der Venture-Debt-Initiative der Bundesregierung sowie im Rahmen des European Investment Fund bereits auf 8 Mrd. Euro verdoppelt und im Zuge der Coronakrise noch einmal um 2 Mrd. Euro aufgestockt. Jetzt kommen weitere 10 Mrd. Euro im Rahmen des Zukunftsfonds dazu. “Das ist ein Riesenschlag nach vorne. Das findet nirgends seines gleichen”, sagt Jarzombek, der erwartet, dass mit den zur Verfügung gestellten Mitteln im Verhältnis 2:1 privates Kapital mobilisiert wird. Das macht allein mit den 10 Mrd. Euro aus dem Zukunftsfonds weitere 20 Mrd. Euro und damit insgesamt 30 Mrd. Euro. “Wir wollen einen Anstoß geben”, erklärt Staatssekretär Jörg Kukies, der in den vergangenen Monaten im SPD-geführten Finanzministerium die Weichen in Richtung Zukunftsfonds gestellt hat. “Es ist gut, dass wir gleich in die Vollen gehen.”Konkret geht es zunächst vor allem um den Ausbau bereits bewährter Instrumente. So soll die Beteiligungsgesellschaft KfW Capital, eine 100 %-Tochter der KfW, sowohl die Zahl ihrer Investments als auch ihre Zusagevolumina auf bis zu 400 Mill. Euro pro Fonds verdoppeln. Der Fokus liegt auf Investitionen in deutsche oder europäische Venture-Capital- sowie Venture-Debt-Fonds. Auch die etablierten Wagniskapitalfonds des Bundes für Direktinvestitionen werden ausgebaut: Das Volumen von Coparion, die sich seit fünf Jahren zusammen mit privaten Leadinvestoren an Start-ups beteiligt, wird auf 550 Mill. Euro glatt verdoppelt. Der High-Tech-Gründerfonds, der schon 15 Jahre im Geschäft ist und mit dem Ausstieg aus dem Bad Homburger Pharmaunternehmen MYR gerade seinen bisher erfolgreichsten Exit feierte, soll um einen vierten Fonds mit einem Volumen von rund 350 Mill. Euro erweitert werden, wobei sich der Fonds weiterhin in der Frühphase von Unternehmen beteiligt.Das Engagement im Rahmen des European Investment Fund (EIF), der mit Mitteln aus dem Economic Recovery Program (ERP) erst vor wenigen Tagen um 1 Mrd. Euro auf 3,7 Mrd. Euro ausgebaut wurde, wird um eine weitere Wachstumsfazilität in der Größenordnung von 3,5 Mrd. Euro ergänzt. Sie soll für Investitionen in Wachstumsfonds und in Wachstumsfinanzierungsrunden von Start-ups bereitstehen. Schließlich wird auch das Venture Tech Growth Financing der KfW, mit dem die Förderbank bankmäßige Venture-Debt-Finanzierungen in der Wachstumsphase zur Verfügung stellt, um 1,3 Mrd. Euro aufgepumpt.Neben den bereits etablierten Instrumenten will die Bundesregierung mit dem Zukunftsfonds aber auch neue Wege beschreiten. Im Kern steht ein Dachfonds der KfW Capital, mit dem institutionelle Investoren wie Lebensversicherungen, Stiftungen und andere risikoaverse Investoren für Venture-Capital gewonnen werden sollen. Dazu verfügt der Fonds über eine vorrangig zu bedienende und nachrangig haftende Senior Note, während risikoaffinere private Investoren und der Bund vorrangig haften. Mit dem Dachfonds ist zunächst eine Größenordnung von 1 Mrd. Euro angepeilt, wovon der Bund zwischen 200 Mill. und 300 Mill. stemmen will. Deep Tech und andere ThemenNeu ist ein Fonds mit einer Investitionsperspektive, die Sprunginnovationen ermöglichen soll, auch wenn es vielleicht noch kein Geschäftsmodell für die Technologie gibt. Dieser Deep-Tech-Fonds beteiligt sich direkt und folgt einem sogenannten Patient-Money-Ansatz, ohne Anteilsverkaufspflichten an den Meistbietenden zum Ende der Fondslaufzeit. Auch der Deep-Tech-Fonds soll im nächsten Jahr an den Start gehen und bis zu 1 Mrd. Euro groß werden.Daneben plant der Bund mit einer 1 Mrd. Euro schweren Wachstumsfazilität für Fonds und Start-ups aus dem Portfolio der KfW Capital, einer 2 Mrd. Euro großen Wachstumsfazilität für Wachstumsfinanzierungen bei Start-ups aus dem Portfolio oder aus dem Netzwerk des High-Tech-Gründerfonds. Langfristig sollen weitere 2 Mrd. Euro über sogenannte Managed Accounts von Asset Managern in bestimmte Technologien investiert werden.