Energiekrise

Bundestag billigt Abwehrschirm

Mit dem neuen Abwehrschirm will die Ampel-Regierung die Gas- und Strompreisbremse, Unternehmenshilfen sowie die erhöhten Beschaffungskosten der Gasimporteure finanzieren.

Bundestag billigt Abwehrschirm

wf Berlin

Der Bundestag hat für 2022 erneut eine Ausnahme von der Schuldenbremse genehmigt. Mit dem neuen Abwehrschirm von 200 Mrd. Euro will die Ampel-Regierung die Gas- und Strompreisbremse, Unternehmenshilfen sowie die erhöhten Beschaffungskosten der Gasimporteure nach dem russischen Lieferstopp finanzieren. In namentlicher Abstimmung votierten die Abgeordneten der Ampel aus SPD, Grünen und FDP für die Ausnahme. CDU/ CSU – abgesehen von einer Ja-Stimme – und AfD stimmten dagegen, die Linke enthielt sich. Zudem wurde der Wirtschaftsstabilisierungsfonds reaktiviert, aus dem die Ausgaben von 2022 bis 2024 bestritten werden sollen. Die Bundesregierung überließ in der Debatte dem Parlament das Feld. Kanzler und Minister waren abwesend.

„Geldsack im Keller“

Die Opposition moniert im Bundestag, dass die konkrete Festlegung der Ampel auf einen Wirtschaftsplan für die Staatshilfe in der Energiekrise noch ausstehe. „Kein Mensch in diesem Land weiß, was sie konkret machen“, sagte Fraktionsvize der CDU/CSU, Mathias Middelberg. Die Ampel wolle die Zustimmung zu einem „Geldsack“, stellte Middelberg fest. „Den wollen Sie sich in den Keller Ihrer Regierung stellen und sich dann überlegen, was Sie mit dem Geld anfangen.“

Otto Fricke, haushaltspolitischer Sprecher der FDP, hatte zum Auftakt der Debatte gesagt, dass die Ampel-Koalition noch vor dem Winter dafür sorge, dass ausreichende Finanzmittel sowohl in der kommenden Heizperiode als auch in der Heizperiode des nächsten Jahren vorhanden sein würden – und ausreichende Mittel für Gas und Strom für Unternehmen und Bürger. „Dieses Versprechen, das die Koalition gegeben hat, löst sie mit diesem Gesetzentwurf ein“, betonte Fricke.

Für die AfD warf Peter Böhringer der Ampel vor, 200 Mrd. Euro neue Schulden „in die Rücklage eines zweckentfremdeten, sonst vollkommen undefinierten Schattenhaushalts“ zu packen. Seit Amtsantritt im Dezember 2021 habe die Ampel 500 Mrd. Euro neue Schulden gemacht. Zu den knapp 139 Mrd. Euro Schulden in diesem Jahr, die zum großen Teil eine Ausnahme von der Schuldenbremse benötigt haben, hatte die Ampel noch 2021 Kreditermächtigungen für 60 Mrd. Euro in den Energie- und Klimafonds für Ausgaben künftiger Jahre gesteckt und für die Bundeswehr ein Sondervermögen von kreditfinanzierten 100 Mrd. Euro nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine aufgelegt.

2023 will Bundesfinanzminister Christin Lindner (FDP) die Schuldenbremse im Bund wieder einhalten. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, dementierte einen Medienbericht, demzufolge Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Ländern das erneute Aussetzen der Schuldenbremse 2023 zugesagt haben soll. Dies sei nicht der Fall. Er habe lediglich mit Scholz über die Finanzlage der Länder gesprochen, machte Weil nach der Ministerpräsidentenkonferenz vor der Presse in Hannover deutlich. Die Länder könnten nicht die Lücken durch Steuerausfälle und zusätzliche Belastungen durch den Ukraine-Krieg ohne Notlagen-Kredite außerhalb ihrer Schuldenbremse schultern. Am 2. November treffen Bund und Länder zusammen, um über die Lastenverteilung durch den Ukraine-Krieg zu sprechen. Das Ergebnis der Steuerschätzung für Bund, Länder und Gemeinden wird am 27. Oktober erwartet.

Parlamentsvorbehalt

In der Bundestagsdebatte wurde deutlich, dass das Parlament bei den Ausgaben aus dem Abwehrschirm weiter mitreden wird. Der SPD-Abgeordnete Matthias Miersch, Sprecher der Linken, verwies auf einen Parlamentsvorbehalt zu den Ausgaben des Wirtschaftsstabilisierungsfonds. Es werde geprüft, ob die Versorger die Gaspreisbremse tatsächlich erst ab März 2023 umsetzen könnten. Die Basisversorgung soll zu gekappten Preisen abgerechnet werden, ein kleinerer Zusatzteil zu Marktpreisen. Unternehmen, die größere Hilfen in Anspruch nehmen, sollten vorübergehend keine Boni oder Dividenden zahlen dürfen, forderte die SPD-Politikerin Wiebke Esdar.

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