Volkszählung

China droht der Schrumpfungsmodus

Im bevölkerungsreichsten Land der Erde, China, neigt sich das Bevölkerungswachstum dem Ende entgegen. Das zeigen die am Dienstag veröffentlichten Daten der jüngsten chinesischen Volkszählung, eines Exerzitiums, das nur alle zehn Jahre stattfindet....

China droht der Schrumpfungsmodus

nh Schanghai

Im bevölkerungsreichsten Land der Erde, China, neigt sich das Bevölkerungswachstum dem Ende entgegen. Das zeigen die am Dienstag veröffentlichten Daten der jüngsten chinesischen Volkszählung, eines Exerzitiums, das nur alle zehn Jahre stattfindet. Laut dem Pekinger Statistikbüro zählte man im vergangenen Jahr 1,412 Milliarden Menschen im Reich der Mitte. Dies bedeutet zwar noch immer einen Anstieg um 5,4% für die zurückliegende Dekade; das durchschnittliche jährliche Bevölkerungswachstum je­doch ist mit 0,53% das niedrigste seit den fünfziger Jahren. Ab dem Jahr 2025 dürfte Chinas Bevölkerung dann in einen Schrumpfungsmodus übergehen.

Mit den neuen Statistikdaten verbindet sich ein Alarmsignal in Richtung Überalterung der Bevölkerung mit entsprechenden Konsequenzen wie einer wachsenden Belastung von Gesundheits- und Altersvorsorgesystemen bei tendenziell schrumpfender Basis der arbeitenden Bevölkerung. So zeigt die siebte Volkszählung seit Beginn der Volksrepublik, dass sich bereits heute 18,7% der Bevölkerung, also knapp jeder fünfte Chinese, im Seniorenalter jenseits von 60 Jahren befinden. Vor zehn Jahren waren dies nur 13,3%. Die Zahl der Chinesen über 60 Jahre ist seit 2010 um 5,4% auf nunmehr 264 Millionen Menschen gestiegen.

Folge der „Ein-Kind-Politik“

Nach Maßgabe chinesischer Ruhestandsregelungen zählt man im Alter von 60 Jahren bereits nicht mehr zur arbeitenden Bevölkerung. In zahlreichen Frauenberufen liegt das Pensionierungsalter gar bei 55 Jahren. Die arbeitende Bevölkerung, also die Altersgruppe von 15 bis 59 Jahren, nimmt mittlerweile nur noch einen Anteil an der Gesamtbevölkerung von 63,4% ein. Beim vorangegangenen Zensus vor zehn Jahren betrug der Anteil noch gut 70%.

Wie ein Sprecher des Statistikamtes erklärte, wird sich der Trend in der Bevölkerungsentwicklung weiter verstärken. Als Grund dafür gilt ein massiver Geburtenrückgang, der sich trotz einer Lockerung der über Jahrzehnte geltenden sogenannten „Ein-Kind-Politik“ im Jahr 2016 zuletzt deutlich verschärft hat. Obwohl chinesische Familien mittlerweile zwei bis drei Kinder bekommen können, ohne bei den Behörden anzuecken, hat die Bereitschaft junger Paare, mehr Kinder zu bekommen, zumindest im großstädtischen Umfeld aufgrund extrem hoher Wohnraum- und Ausbildungskosten deutlich nachgelassen.

Diese Umstände finden in der Geburtenstatistik einen ernüchternden Niederschlag. Im vergangenen Jahr fiel die Zahl der Neugeborenen in China um knapp 15% von 11,7 auf 10 Millionen – eine Entwicklung, die selbst in chinesischen Staatsmedien als hoch alarmierend bezeichnet wird. Damit scheinen die jahrzehntelang staatlich gesteuerte Familienplanung und das Versäumnis einer wesentlich früheren Aufhebung der Ein-Kind-Politik nun unerwünschte Nebenwirkungen zu zeitigen.