China spürt wieder konjunkturellen Gegenwind

Herbe Dynamikverluste bei Industrieproduktion und Einzelhandel - Stimulierungsmaßnahmen in Sicht

China spürt wieder konjunkturellen Gegenwind

Von Norbert Hellmann, SchanghaiInmitten der jüngsten Eskalation des Handelsstreits mit den USA sieht sich China nun auch verschärftem Druck an der Konjunkturfront ausgesetzt. Nach einer Reihe von äußerst ermutigenden Konjunkturdaten in den vergangenen Wochen bringen nun die Wirtschaftsleistungsdaten für April eine kalte Dusche. Sie weisen eindeutig darauf hin, dass die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft mit dem Eintritt in das zweite Quartal gleich wieder an Dynamik eingebüßt hat.Die neuen Daten des Pekinger Statistikbüros bringen Enttäuschung auf allen Ebenen. Sowohl im verarbeitenden Gewerbe als auch beim Konsum sieht man unerwartet heftige Wachstumsrückgänge, während die Investitionen nur schleppend vorankommen. Damit wird es für Chinas Wirtschaftslenker wesentlich schwieriger werden, die sich nach der jüngsten Verschärfung des Handelsstreits mit wesentlich ausgedehnten US-Strafzöllen auf chinesische Exportwaren abzeichnende außenwirtschaftliche Belastung zu kompensieren und das chinesische Wirtschaftswachstum auf der Marke von zuletzt 6,4 % zu stabilisieren.Insbesondere bei der Industrieproduktion als wesentlichem Treiber verfliegen die Hoffnungen auf einen nachhaltigen Aufschwung. Nach Angaben des Statistikbüros stieg der Industrieoutput im April magere 5,4 % gegenüber dem Vorjahresmonat, womit die Prognosen deutlich verfehlt wurden. Im März war es zu einem unerwartet kräftigen Hochschnellen der Wachstumsrate auf 8,5 % gekommen, wobei aber auch saisonale Faktoren eine Rolle spielten. Die Experten hatten jedoch nun eine Stabilisierung des Wachstums bei etwa 6,5 % für die kommenden Monate veranschlagt.Die jüngste Eintrübung geht vor allem auf Schwerindustreibereiche zurück, wobei vor allem die Automobilbranche im Zuge einer hartnäckigen Nachfragedelle die Produktion deutlich zurückzufahren beginnt. Die anhaltende Schwäche des chinesischen Pkw-Markts, wo die Verkäufe zuletzt um fast 15 % gegenüber Vorjahr zurückkamen und damit zum zehnten Monat in Folge schrumpften, färbt deutlich auf die Entwicklung des Einzelhandels ab. Im April sind dessen Umsätze noch um 7,2 % gewachsen, das bedeutet die schwächste monatliche Expansionsrate seit knapp 16 Jahren. Auch hier sind die Experten auf dem falschen Fuß erwischt worden. Sie hatten damit gerechnet, dass die Einzelhandelsumsätze mit einem Plus von etwa 8,6 % an die relativ flotte Entwicklung im März anknüpfen würden.Ernüchterung bringen auch die Daten zur Entwicklung der Anlageinvestitionen. Hier sieht man trotz der Forcierung von öffentlichen Infrastrukturinvestitionen eine Abflachung des Wachstums in den ersten vier Monaten auf 6,1 % von 6,3 % im ersten Quartal. So sind insbesondere die privaten Investitionen im Unternehmensbereich mit +5,5 % deutlich schwächer vorangekommen. Da der Privatsektor für etwa 60 % der Anlageinvestitionen aufkommt und das Gros der Arbeitsplätze stellt, kommen auch wieder Sorgen über die Beschäftigungssituation auf. Eine Sprecherin des Statistikbüros betonte aber, dass man weiterhin von einer stabilen Beschäftigungslage ausgehe. Der April soll sogar eine leichte Verbesserung der Arbeitslosenquote von 5,2 auf 5,0 % gebracht haben. Spielräume betontBeim Statistikbüro hieß es, es gebe noch reichlichen Spielraum, um unterstützend auf die Wirtschaft einzuwirken. Ein Sprecher des Außenministeriums wiederum betonte, dass man volles Vertrauen in die wirtschaftlichen Perspektiven Chinas habe. Die protektionistischen Maßnahmen der USA würden zwar zunächst auf die chinesische Wirtschaft negativ abfärben, doch werde man dies rasch überwinden können. Analysten rechnen damit, dass die chinesische Zentralbank in den nächsten Wochen einige akkommodierende Maßnahmen mit einer großzügigen Liquiditätsversorgung und möglicherweise einer weiteren Mindestreservesatzsenkung ergreifen wird. Einige rechnen auch mit selektiven Konsumanregungsmaßnahmen.