Außenhandel

Chinas Exportmaschinerie kommt ins Stottern

Chinas Exportmaschinerie läuft auf niedrigeren Touren, weil vor allem aus USA und Europa weniger Nachfrage kommt. Zu den Erholungschancen des chinesischen Außenhandels in der zweiten Jahreshälfte gibt es geteilte Meinungen.

Chinas Exportmaschinerie kommt ins Stottern

Globale Nachfrageschwäche setzt Chinas Außenhandel zu   

Exporte knicken erneut kräftig ein – Ausfuhren in die USA sinken um ein Viertel – Nur das Russland-Geschäft floriert

nh Schanghai

Ein deutlicher Rückgang der chinesischen Exporte bei weiter schrumpfenden Importen verstärkt den Eindruck, dass Chinas Konjunkturkräfte im Juni nachgelassen haben. Nach Angaben der Pekinger Zollverwaltung sind die Ausfuhren des Exportweltmeisters im Juni in Dollar gerechnet um 12,4% gegenüber Vorjahresmonat auf gut 285 Mrd. Dollar abgerutscht. Dies bedeutet den schärfsten Exportrückgang seit mehr als drei Jahren, als der Ausbruch der Corona-Pandemie die globalen Handelsströme durcheinanderwirbelte.

Müde Auftragslage

Die Entwicklung kommt nicht völlig unerwartet. Im Mai waren die chinesischen Exporte im Zuge einer insgesamt mauen globalen Nachfrage bereits um 7,5% zurückgedrängt worden. Für Juni hatten die Analysten eine Schrumpfung der Ausfuhren von bis zu 10% auf dem Zettel. Zudem hatten Einkaufsmanagerdaten in den vergangenen drei Monaten ein Abflauen der neuen Exportaufträge signalisiert.

Ein Sprecher der Zollverwaltung erklärte am Donnerstag, die enttäuschende Außenhandelsperformance sei in erster Linie auf eine Abschwächung der globalen Handels- und Investmentströme bei wachsenden Protektionismus zurückzuführen. Auch auf der Importseite machen sich immer deutlichere Schleifspuren bemerkbar. Im Juni ermäßigten sich die chinesischen Einfuhren um 6,8% auf knapp 215 Mrd. Dollar – obwohl China in Ausnutzung der Ölpreissituation an den Weltmärkten und des Zugangs zu verbilligten russischen Lieferungen seine Energieträgerreserven aufzustocken versucht und die Rohölimporte zuletzt um 40% ausgedehnt hatte.  

Bezeichnenderweise ist der seit Ausbruch des Ukraine-Krieges deutlich intensivierte Warenaustausch zwischen China und Russland der einzige Lichtblick in der neuen Außenhandelsstatistik. Im Juni kletterten die Ausfuhren um gut 90% gegenüber Vorjahr, wobei vor allem Chinas Auto- und Smartphonebauer nach dem Marktaustritt von westlichen Firmen reißenden Absatz in Russland finden.

US-Restriktionen belasten

Die von hohen Inflationsraten in den USA und westlichen Industrieländern beeinflusste globale Nachfrageschwäche lässt Chinas Exporte in die USA und den EU-Raum weiter zurückfallen. Hier sah man zuletzt im Juni ein Minus von 24 beziehungsweise 13%. Dabei scheinen handels- und industriepolitische Konflikte ebenfalls eine Rolle zu spielen. Im Zuge von US-Technologierestriktionen etwa zeigt sich der bilaterale Handel bei Datenverarbeitungs- und IT-Produkten immer stärker abgebremst. Auch der Warenverkehr mit dem im vergangenen Jahr zu Chinas wichtigstem regionalen Handelspartner aufgestiegenen Block der südostasiatischen südostasiatischen Asean-Staaten läuft schwächer. Im Juni kam es zu einem unerwartet kräftigen Rückgang der Exporte um knapp 17%.

Bei den Analysten gibt es divergierende Meinungen zu Chinas Außenhandelsperspektiven im weiteren Jahresverlauf. Die China-Ökonomen von Capital Economics etwa halten das Gröbste für überstanden und rechnen mit einer sukzessive anziehenden Exportdynamik in der zweiten Jahreshälfte. Bei Pantheon Macroeconomics hält man dagegen. Angesichts der Gefahr einer milden Rezession in den USA bei anhaltender Konjunkturschwäche in der Eurozone sehe man wenig Chancen für eine echte Erholung in Chinas Exportsektor. Bei Standard Chartered erwartet man eine Belebung des Außenhandels über die Importschiene. Dies setzt aber energischere Stimuli zur Anregung der Binnennachfrage voraus.  

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