Arbeitslosigkeit

Deutscher Arbeitsmarkt bleibt Stabilitätsanker

Die Folgen des Ukraine-Kriegs sind zwar auch auf dem Arbeitsmarkt spürbar, im Dezember und im gesamten Jahr 2022 zeigte dieser sich aber weiterhin robust. Die Wirtschaft fordert einen stärkeren Fokus auf mehr Fachkräfte.

Deutscher Arbeitsmarkt bleibt Stabilitätsanker

ast Frankfurt

Allen Widrigkeiten zum Trotz zeigt sich der deutsche Arbeitsmarkt auch im Dezember stabil. Die Zahl der Arbeitslosen stieg nur leicht um 20000 – saisonbereinigt nahm sie um 13000 ab. Das geht aus der Arbeitsmarkt-Statistik hervor, die die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Dienstag in Nürnberg vorstellte. Zwar hätten die Folgen des Ukraine-Kriegs Spuren hinterlassen, „angesichts des Ausmaßes der Belastungen fallen diese aber moderat aus“, sagte Andrea Nahles, Vorstandsvorsitzende der BA. Auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil zeigt sich mit der Entwicklung zufrieden. „Die positive Nachricht zum neuen Jahr ist: Der Arbeitsmarkt bleibt trotz angespannter wirtschaftlicher Lage auch am Jahresende 2022 stabil“, sagte der SPD-Politiker.

Im Dezember zählte die BA 2,454 Millionen Arbeitslose in Deutschland. Im Vergleich zum November erhöhte sich die Arbeitslosenquote um 0,1 Prozentpunkte auf 5,4% (siehe Grafik). Im Dezember werden üblicherweise mehr Arbeitslose gezählt, da befristete Verträge häufig zum Jahresende auslaufen und Unternehmen im Dezember seltener neue Beschäftigte einstellen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat zählte die BA 124000 Arbeitslose mehr. Hierfür zeichnet die Aufnahme ukrainischer Geflüchteter in die Statistik hauptverantwortlich. Ohne die Berücksichtigung dieser Gruppe wäre die Arbeitslosigkeit auch im Vorjahresvergleich gesunken.

Für 2023 zeigt sich die BA-Chefin trotz der drohenden Rezession optimistisch. „Wir rechnen im Jahre 2023 weiter mit einer robusten Entwicklung, so dass der deutsche Arbeitsmarkt stabilisierend wirkt auf die mögliche Abschwächung der Wirtschaft“, erklärte Nahles. Die BA rechnet mit einer Zunahme der Beschäftigung um 300000 Personen.

Dem Statistischen Bundesamt (Destatis) zufolge nahm die Erwerbstätigkeit im November 2022 saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um 50000 zu. Mit 45,99 Millionen Personen fiel sie im Vergleich zum Vorjahr um 498000 höher aus – ein Rekord. Der Höhepunkt bei der Zahl der Erwerbstätigen dürfte Ökonomen zufolge in diesem Jahr überschritten werden. Denn die geburtenstarken Jahrgänge der sogenannten „Babyboomer“ erreichen das Rentenalter und verlassen den Arbeitsmarkt. Fachkräfte zu gewinnen – sowohl im Inland als auch durch Zuwanderung aus Drittstaaten – rückt damit zunehmend in den Fokus. Dies sei „eine zentrale Aufgabe für das anstehende Jahr“, macht auch Heil klar. Laut Ifo-Institut droht der Fachkräftemangel das Produktionswachstum in jedem zweiten Unternehmen auszubremsen – auch dies ein Rekordwert.

Aus der Wirtschaft wurden daher anlässlich der aktuellen Arbeitsmarktdaten Forderungen laut. „Statt durch Fehlanreize und Überregulierung Beschäftigung zu erschweren, brauchen wir eine Politik, die Be­schäftigung erleichtert“, sagte Thilo Brodtmann, Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). „Dazu gehört vor allem eine Arbeitszeit­regelung, die mit den Anforderungen einer sich rapide verändernden Arbeitswelt Schritt hält.“ Der Präsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA), Rainer Dulger, erklärte: „Nicht mehr Arbeitslosigkeit, sondern Fach- und Arbeitskräftemangel sowie Kompetenzanpassungen für Beschäftigte sind die aktuellen Herausforderungen.“ Mit der Reform des Einwanderungsgesetzes, das unter anderem die Einführung eines Punktesystems nach kanadischem Vorbild vorsieht, will die Ampel-Koalition die Zuwanderung in den Arbeitsmarkt stärken.

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