Wirtschaftswachstum

Deutschland bremst Euro-Wirtschaft

Die Euro-Wirtschaft ist zum Jahresstart an der technischen Rezession vorbeigeschrammt – ebenso wie Deutschland. Ökonomen hatten sich allerdings mehr erwartet und warnen bereits vor allzu großen Wachstumshoffnungen für das zweite Halbjahr. Für die EZB aber ist der Weg frei für weitere Zinserhöhungen.

Deutschland bremst Euro-Wirtschaft

Deutschland bremst Euro-Wirtschaft

Technische Rezession vermieden – Investitionen und Exporte bringen Schwung – Inflation hemmt privaten Konsum – Größtes Minus in Irland

ba Frankfurt

Die Euro-Wirtschaft ist zum Jahresstart an der technischen Rezession vorbeigeschrammt – ebenso wie Deutschland. Ökonomen hatten sich allerdings mehr erwartet und warnen bereits vor allzu großen Wachstumshoffnungen für das zweite Halbjahr. Für die EZB aber ist der Weg frei für weitere Zinserhöhungen.

Die deutsche Wirtschaft ist zum Jahresbeginn gerade noch so um die befürchtete Rezession herumgekommen, hat damit aber die Euro-Wirtschaft gebremst. Der Optimismus, der zuletzt durch besser als erwartet ausgefallene Konjunkturindikatoren aufgekommen war, hat dadurch einen deutlichen Dämpfer bekommen, zumal die nur langsam sinkende Inflation die Kaufkraft der privaten Haushalte weiter belasten wird und sich auch die beispiellosen Zinssteigerungen der Europäischen Zentralbank (EZB) erst im weiteren Jahresverlauf in der Breite der Wirtschaft zeigen werden. Der nächste Zinsschritt erfolgt schon kommenden Donnerstag, am Markt wird im Mittel mit 25 Basispunkten gerechnet – auch wenn die Wachstumslage Ökonomen zufolge mehr hergeben würde. Zwischenzeitlich war konjunkturell auch erheblich Schlimmeres befürchtet worden angesichts der Energiekrise, die durch den Ukraine-Krieg ausgelöst wurde, die hohe Inflation und die Materialengpässe. Ersten Länderdaten zufolge dürfte das Wachstum vor allem von den Exporten und den Investitionen getragen worden sein.

Stagnation mit Kroatien

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Euroraum legte laut der ersten Schätzung des Statistikamts Eurostat im ersten Vierteljahr um 0,1% im Quartalsvergleich zu. Ökonomen hatten hingegen ein Plus von 0,2% prognostiziert. Im Schlussabschnitt war das BIP der damals noch 19 Euro-Länder um 0,1% geschrumpft. Rechnet man die Entwicklung in Kroatien, das seit Jahresbeginn zum gemeinsamen Währungsraum gehört, hinzu, ergibt sich für das vierte Quartal 2022 eine Stagnation (siehe Grafik). Mit dem Miniwachstum zum Jahresstart hat die Eurozone damit die technische Rezession vermieden, das sind zwei aufeinanderfolgende Quartale mit schrumpfendem BIP. Im Vergleich zum Vorjahr weist Eurostat für die 20 Euro-Länder ein Wachstum von 1,3% aus nach 1,8% im Vorquartal. Auch hier hatten sich Ökonomen etwas mehr erhofft.

Bei der Erstschätzung gibt Eurostat noch keine Details bekannt. Länderdaten, insbesondere aus den Euro-Schwergewichten, deuten auf den Außenhandel als Schwunggeber hin. Denn die Exporte haben deutlich stärker zugelegt als die Importe. Die Binnennachfrage war dagegen offenkundig rückläufig, wie Jörg Angelé, Senior Economist bei Bantleon, analysiert. Neben den privaten Konsumausgaben sei anscheinend auch der Staatskonsum zurückgegangen, während die Bruttoanlageinvestitionen im Vorquartalsvergleich angestiegen seien. „Ein großer Teil des Zuwachses dürfte dabei auf die Bauinvestitionen entfallen, die infolge der äußerst milden und schneearmen Witterung spürbar angezogen haben“, schätzt Angelé. Dass die Lieferketten wieder reibungsloser funktionieren und die Energiepreise im Großhandel seit Ende 2022 deutlich zurückgegangen sind, dürften der Industrie einen Schub gegeben haben, ergänzt KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. Fraglich bleibe die Entwicklung im Dienstleistungssektor, hier müssten die Statistikämter noch viel schätzen, Revisionen seien daher zu erwarten.

Unter den Ländern zeigten die Zahlen eine große Bandbreite, wobei die Kernländer schwächere Ergebnisse als die Peripherie aufwiesen. Den größten Anstieg im Quartalsvergleich zeigte Portugal (+1,6%), gefolgt von Spanien, Italien und Lettland mit jeweils 0,5%. Frankreichs Wirtschaft expandierte trotz der Streiks gegen die Rentenreform um 0,2%. Rückgänge verzeichneten Irland (−2,7%) sowie Österreich (−0,3%).

Revisionen drohen

Die deutsche Wirtschaft stagnierte laut der Erstschätzung des Statistischen Bundesamt (Destatis) im Startabschnitt, wohingegen Ökonomen ein Wachstum von 0,2% erwarteten. Zudem war das BIP im Schlussabschnitt mit 0,5% stärker geschrumpft als zunächst mit 0,4% gemeldet. Ökonomen gemahnt diese dritte Abwärtsrevision zur Vorsicht, denn in der allerersten Schätzung hatten die Wiesbadener Statistiker noch eine Stagnation erwartet. Ähnliches sei auch diesmal möglich, heißt es in mehreren Analysen. Im ersten Quartal bremsten laut Destatis sowohl die privaten als auch die staatlichen Konsumausgaben. Positive Impulse hätten Investitionen und Exporte gebracht.

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