Verbraucherpreise

Deutschland spielt bei der Inflation eine Sonderrolle

Anders als in den übrigen großen Volkswirtschaften der Eurozone ist die Inflation in Deutschland im Juni wieder gestiegen. Schuld sind Sonderfaktoren. Für die EZB sind die Zahlen dennoch keine gute Nachricht.

Deutschland spielt bei der Inflation eine Sonderrolle

Vor der Veröffentlichung der Juni-Inflationszahlen für die Eurozone am Freitag gehen von den Länderdaten aus den größten Volkswirtschaften des Währungsraums gemischte Signale für die Europäische Zentralbank (EZB) aus. Während die Inflation in Spanien unter die Marke von 2% rutschte, ist der Rückgang der Inflationsrate in Deutschland erstmal gestoppt. In Italien ist die Teuerung zwar stark rückläufig, aber ebenfalls noch deutlich oberhalb des EZB-Zielwerts für die gesamte Eurozone.

Nach drei Monaten in Folge mit sinkenden Inflationsraten ist die Teuerung in Deutschland im Juni wieder gestiegen. Die Preise kletterten nach einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamts am Donnerstag im Jahresvergleich um 6,4%, nach 6,1% im Mai. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten im Vorfeld mit einem leichten Anstieg auf 6,3% gerechnet. Der harmonisierte Verbraucherpreisindex HVPI, der für die EZB maßgeblich ist, stieg sogar um 0,4 Prozentpunkte auf 6,8%.

„Während die Inflation natürlich weiterhin viel zu hoch ist, sollte dieser Anstieg nicht überbewertet werden“, meint Ökonom Salomon Fiedler von der Berenberg Bank. Er verweist darauf, dass die Inflationsrate wegen Sondereffekten gestiegen ist. Vor einem Jahr reduzierten staatliche Hilfsmaßnahmen wie das 9-Euro-Ticket und ein Tankrabatt die Preise. „Dadurch fällt die aktuelle Teuerungsrate im Jahresvergleich höher aus. Dadurch dürfte die Vorjahresrate von Juni bis August 2023 mehr als einen Prozentpunkt höher liegen, als es ohne diese Maßnahmen der Fall gewesen wäre“, sagte Fiedler.

Ohne Berücksichtigung dieser Faktoren wäre die Inflationsrate damit weiter rückläufig. Die meisten Ökonomen rechnen zudem damit, dass die Teuerung in der zweiten Jahreshälfte nachlässt. Das Inflationsziel der EZB von 2% für die Eurozone dürfte Deutschland jedoch erst in Jahren erreichen. Die Bundesbank geht in ihrem aktuellen Monatsbericht selbst für 2025 noch von einer Teuerungsrate von 2,7% aus. Für die Eurozone rechnet die EZB für 2025 mit einer Inflation von 2,2%.

Hohe Kernrate

Der zugrunde liegende Preisdruck in Deutschland erweist sich als äußerst hartnäckig, wie die Entwicklung der Kerninflation zeigt. Diese – bei der die schwankungsanfälligen Lebensmittel- und Energiepreise nicht berücksichtigt sind – ist in diesem Jahr bislang relativ konstant geblieben. Betrug sie im Januar 5,6%, lag sie im Mai bei 5,4%. Im Juni dürfte sie mit 5,8% wieder auf den höchsten Stand seit der Einführung des Euro klettern.

Im Gegensatz zu Deutschland ist die Inflation in Spanien und Italien im Juni deutlich zurückgegangen. In Spanien sank die Teuerungsrate von zuvor 2,9% auf 1,6%, wie das nationale Statistikamt am Donnerstag mitteilte. Viele Volkswirte hatten zwar mit einer noch etwas niedrigeren Rate gerechnet. Allerdings liegt sie auch mit den 1,6% so niedrig wie seit mehr als zwei Jahren nicht und unter dem EZB-Zielwert für den Euroraum als Ganzes. In Italien fiel die Rate deutlich von 8,0% im Vormonat auf 6,7%, wie das Statistikamt in Rom bereits am Mittwoch mitgeteilte hatte. Auch für Frankreich erwarten Ökonomen einen deutlichen Rückgang von 6,0% auf 5,4%; die Schätzung gibt es am Freitag.

Die Inflation liegt damit aber auch in Frankreich und Italien weiter deutlich oberhalb des EZB-Zielwerts. Vor allem aber ist auch in den anderen großen Euro-Volkswirtschaften der zugrunde liegende Preisdruck sehr viel hartnäckiger. Selbst in Spanien lag die Kernrate in nationaler Rechnung bei 5,9% – nur geringfügig niedriger als in Mai mit 6,1%.

Deutsche Sonderrolle bei der Inflation

Teuerung in Deutschland steigt im Juni auf 6,8 Prozent – Rückgang der Verbraucherpreise in Spanien und Italien

Anders als in den übrigen großen Volkswirtschaften der Eurozone ist die Inflation in Deutschland im Juni wieder gestiegen. Schuld daran sind Sonderfaktoren. Für die Europäische Zentralbank sind die Zahlen dennoch keine gute Nachricht. Die Kerninflation bleibt hartnäckig – nicht nur in Deutschland.

mpi/ms Frankfurt
Wertberichtigt Seite 2
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