Deutschland und China wollen in der Klimapolitik stärker zusammenarbeiten
Engere Zusammenarbeit bei Klimafragen
Deutschland und China wollen Dialog verstärken, auch in Finanzfragen – Li wirbt in Berlin für Multilateralismus
In den ersten bilateralen Regierungskonsultationen seit 2018 haben Deutschland und China eine stärkere Zusammenarbeit in Klimafragen und bei der grünen Transformation vereinbart. Bundeskanzler Olaf Scholz bekräftigte in Berlin, es gebe kein Interesse an einer wirtschaftlichen Abkopplung.
ahe Berlin
Deutschland und China wollen beim Klima- und Umweltschutz enger zusammenarbeiten. Bei Regierungskonsultationen in Berlin unterzeichneten beide Seiten eine Absichtserklärung über die Einrichtung eines “Dialog- und Kooperationsmechanismus” im Bereich Klimawandel und grüne Transformation der Wirtschaft. Insgesamt wurden acht Handlungsfelder der Zusammenarbeit ausgemacht – vom zentralen Bereich der Dekarbonisierung der Industrie über den Ausbau erneuerbarer Energien, der Kreislaufwirtschaft bis hin zur nachhaltigen Finanzierung. Zuvor war auch schon eine Absichtserklärung zur Elektro- und Wasserstoffmobilität unterzeichnet worden, um eine begonnene Zusammenarbeit fortzuführen.
Als großen Emittenten von CO2 komme beiden Ländern eine besondere Verantwortung beim Kampf gegen den Klimawandel zu, der man sich gemeinsam stellen wolle, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz im Anschluss an die Konsultationen in Berlin. Ziel sei, Industrieprozesse klimafreundlicher zu machen, die Energiewende zu beschleunigen und den Umstieg auf klimafreundliche Mobilität zu fördern. Nach Angaben von Scholz ist im November ein deutsch-chinesisches Umweltforum auf Ebene der Ministerinnen geplant. Noch in diesem Jahr soll es zudem die dritte Ausgabe eines hochrangigen deutsch-chinesischen Finanzdialogs geben, der in Berlin stattfinden soll. Der chinesische Ministerpräsident Li Qiang verwies auf das Interesse Pekings, auch im Bereich Green Finance stärker zusammenzuarbeiten.
Für Li war es seine erste Auslandsreise. Er warb auf den siebten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen – den ersten persönlichen seit der Pandemie – für eine noch stärkere Kooperation. China und Deutschland seien beide einflussreiche Großstaaten, betonte der Regierungschef. “Deshalb sollten wir umso mehr miteinander Hand in Hand zusammenarbeiten und einen noch größeren Beitrag zum Weltfrieden und zur globalen Entwicklung leisten.” Li sprach in diesem Zusammenhang auch davon, dass beide Seiten einen “echten Multilateralismus” verteidigen sollten. “Wir sollten an der Tradition der Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen festhalten und das multilaterale Handelssystem sowie die Stabilität der Industrie und der Lieferketten aufrechterhalten”, sagte Li.
“Kein Interesse an Abkopplung”
Scholz wiederum versicherte seinem Gast, dass auch er weiterhin auf eine wirtschaftliche Zusammenarbeit setzt. “Wir haben kein Interesse an einer wirtschaftlichen Abkopplung von China”, sagte der SPD-Politiker bei einem gemeinsamen Auftritt vor der Presse im Kanzleramt, bei dem allerdings keine Journalistenfragen gestattet waren. Der Zugang zum chinesischen Markt sowie faire Wettbewerbsbedingungen für Deutschland und andere ausländische Unternehmen blieben Herausforderungen, bei denen man auf konkrete Verbesserungen dringe, betonte Scholz. Er stellte gegenüber Li zugleich auch klar, dass Deutschland seine Wirtschaftsbeziehungen in Asien “aktiv verbreitern” wolle. “Wir wollen uns nicht gegenüber einem Partner verschließen, sondern ausgewogene Partnerschaften in ganz Asien und darüber hinaus auf- und ausbauen”, so Scholz.
An den Regierungskonsultationen hatten neun deutsche und zehn chinesische Regierungsvertreter teilgenommen. Die Bundesregierung und die Europäische Union sehen China heute als Partner, Wettbewerber und systemischen Rivalen. In der Nationalen Sicherheitsstrategie, die die Bundesregierung in der vergangenen Woche vorgestellt hatte, heißt es: “Wir sehen, dass dabei die Elemente der Rivalität und des Wettbewerbs in den vergangenen Jahren zugenommen haben.” Dies hatte in China Verärgerung ausgelöst. Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) verwies am Dienstag in einer Studie noch einmal auf die Abhängigkeit Deutschland von Rohstoffen aus China. 2021 habe es 298 Produktgruppen mit einem Einfuhrwert von jeweils mindestens 10 Mill. Euro gegeben, bei denen Deutschlands Importe zu mehr als 50% aus China kamen. Bei 211 dieser Produktgruppen habe sich Chinas Anteil 2022 noch vergrößert.
Scholz appellierte erneut an Peking, seinen Einfluss auf Russland mit Blick auf den Krieg in der Ukraine geltend zu machen. China trage als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats “eine ganz besondere Aufgabe”. Der Kanzler betonte das Recht auf territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine. Auf dieser regelbasierten internationalen Ordnung fuße das friedliche Miteinander weltweit, nicht auf der Macht des Stärkeren.