Die erfolgreichste Allparteienfraktion
Fußball kann eine hochpolitische und medienwirksame Angelegenheit sein. Nicht von ungefähr suchen Spitzenpolitiker die Nähe zu den Sportstars, damit etwas vom Glanz der Höchstleistung auf sie abfällt. Fußball kann aber auch Grenzen überwinden, wo die Politik sich schwertut. An diesem Montag wird in Berlin ein Match der besonderen Art ausgetragen. Anpfiff ist um 18 Uhr im Stadion des SC Siemensstadt, wo sonst die 1. Herren des Vereins in der Kreisliga B antreten. Diesmal aber ist eine Partie von internationalem Format zu erwarten: Die Fußballmannschaft der russischen Staatsduma tritt gegen den FC Bundestag an. Im Kader der deutschen Elf spielen unter anderem Vizepräsident Thomas Oppermann (SPD) und Kapitän Markus Weinberg (CDU), im “richtigen” Leben ist der Hamburger Politiker familienpolitischer Sprecher seiner Fraktion. * Damit das Politische nicht zu kurz kommt, führen die Abgeordneten beider Nationen bereits am frühen Nachmittag Gespräche. Es gehe um die parlamentarische Zusammenarbeit zwischen Russland und Deutschland, um Energie- und Außenpolitik, kündigte der Bundestag an. “Auch strittige Fragen werden in diesem Rahmen angesprochen werden”, heißt es dezidiert. Was sich nicht im Gespräch klären lässt, kann womöglich später auf dem Sportplatz ausgetragen werden oder nach dem Spiel in der dritten Halbzeit.Fußball hat eine lange Tradition im Parlament. Die Sportgemeinschaft Deutscher Bundestag wurde 1951 von den Abgeordneten und den Verwaltungsangestellten als Betriebssportgruppe des hohen Hauses gegründet. Berichtet wird, dass es in den 1950er Jahren zur Entspannung eine Bäderabteilung mit einem halben Dutzend Wannen gab. Fußball war die erste Sektion. Sie ist seit 1967 in einem eigenen Verein organisiert. Heute erstrecken sich Aktivitäten der Sportgemeinschaft auf mehr als 20 Disziplinen. Sie reichen von Rückenschule bis Radfahren, von Schießen bis Schach, von Badminton bis Boxen.Die Fußballer treten als erfolgreichste Allparteienfraktion regelmäßig gegen die Teams anderer Parlamente an. Sie haben das Privileg, in den Trikots der deutschen Nationalmannschaft aufzulaufen. Es gibt aber auch zahlreiche Freundschaftsspiele gegen Firmenteams, gegen die von Kammerorganisationen oder sogar solchen aus der Kirche. Trainiert wird einmal die Woche. Als legendär gilt das Match aus dem Jahr 1968 im schweizerischen Magglingen im Kanton Bern. Der FC Bundestag ging mit einem 5 : 1-Sieg vom Platz und feierte ein kleines Wunder von Bern. Die “Gegner” können sich bewerben. Einzige Vorgabe: Sie müssen über 40 Jahre sein. Diese Voraussetzung muss übrigens auch mitbringen, wer Bundespräsident werden will. Einmal im Jahr gilt diese Altersgrenze nicht. Dann treten die Abgeordneten in einem Benefizturnier an. Gegen die Duma-Spieler hat der FC Bundestag bereits 2018 gekämpft – und verloren. Gespielt wurde aber “auf Augenhöhe”, versicherte Oppermann.