Auftragseingang

Die Flaute verfestigt sich

Die deutsche Industrie bleibt auch im April in der Auftragsflaute stecken. Es gibt zwar schwache Hoffnungsschimmer, doch insgesamt bleiben die Aussichten eher trübe.

Die Flaute verfestigt sich

ba Frankfurt

Eine schwächere Auslandsnachfrage – insbesondere aus den Ländern des Euroraums – hat dem deutschen verarbeitenden Gewerbe ein erneutes Auftragsminus beschert. Und die Aussichten bleiben trübe. Für Hoffnungsschimmer sorgen zwar eine etwas bessere Versorgung mit Vorprodukten sowie die Mai-Zahlen des Automobilverbands VDA zur Autoproduktion. Allerdings zeigt der Kiel Trade Indicator, dass die Containerschiffstaus nun erstmals auch die Nordsee erreicht haben – knapp 2% der globalen Frachtkapazität stecken vor den Häfen Deutschlands, Hollands und Belgiens fest und können weder be- noch entladen werden, heißt es beim IfW Kiel. Im Mai klagten bereits wieder 77,2% der vom Ifo-Institut befragten Unternehmen über Engpässe und Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen. Im April waren es noch 75%. Dabei seien nahezu alle Schlüsselindustrien stark betroffen, betonte das Ifo-Institut.

Laut vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamts (Destatis) haben die Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes im April preis-, saison- und kalenderbereinigt 2,7% weniger Neubestellungen eingesammelt als im Monat zuvor. Ohne die volatilen Großaufträge ergibt sich ein Absinken um 1,2%. Ökonomen hatten den dritten Auftragsrückgang in Folge erwartet, in einer Größenordnung von 0,6%. Allerdings fiel das Auftragsminus im März nicht ganz so gravierend aus wie zunächst gemeldet: Statt 4,7% lag das Ordervolumen 4,2% unter dem Vormonatsniveau.

Das Bundeswirtschaftsministerium führt die Abwärtsbewegung „in erster Linie auf die zunehmende Eskalation im Ukraine-Konflikt und schließlich auf den russischen Angriffskrieg zurück“. Zuletzt lagen die Auftragseingänge arbeitstäglich bereinigt mit −6,2% deutlich niedriger als ein Jahr zuvor.

Plus in vereinzelten Branchen

Die erhöhte Unsicherheit führe weiterhin zu einer schwachen Nachfrage, vor allem aus dem Ausland, konstatierte das Ministerium. Die Bestellungen aus dem Ausland fielen insgesamt um 4,0% niedriger aus als im Vormonat. Dabei kamen aus den Ländern des Euroraums 5,6% weniger Orders, während die Aufträge aus dem Nicht-Euroraum um 3,0% sanken. Die Inlandsnachfrage fiel um 0,9%. „Insgesamt fällt der Ausblick für die Industriekonjunktur in den nächsten Monaten gedämpft aus“, kommentierte das Haus von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Die Auftragsbücher der Unternehmen seien aber weiter gut gefüllt. Zudem würden einzelne Branchen zunehmende Ordereingänge verzeichnen. Das Wirtschaftsministerium verwies dabei auf den Maschinenbau (+3,8%) sowie die Bereiche Bekleidung (+7,7%) und elektrische Ausrüstungen (+1,3%). Kräftig gedämpft wurde die Nachfrage allerdings nach wie vor vom gewichtigen Automobilbereich (−8,6%), hieß es weiter.

Der Auftragsrückgang bei den Herstellern von Investitionsgütern wie Maschinen, Fahrzeuge und Anlagen (−4,3%) sei „auch Zeichen einer wachsenden Zurückhaltung bei Investitionen in einer politisch und wirtschaftlich angespannten Lage“, resümierten die Wiesbadener Statistiker. Im Bereich der Konsumgüter fiel der Auftragseingang um 2,6% im Monatsvergleich, bei den Herstellern von Vorleistungsgütern wurde ein Minus von 0,3% verzeichnet.

Dass der „Auftragsboom vorbei“ ist, ist für Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen allerdings zweitrangig. Denn die Produktion werde derzeit in erster Linie davon bestimmt, wie viele Vorprodukte verfügbar sind. Hier deute sich für den April ein leichtes Plus an, was aber den deutlichen Rückgang im Vormonat nur teilweise ausgleichen würde. Als Beleg verweist Solveen auf die realen Umsätze, die stark mit der Produktion korreliert sind. Diese haben laut Destatis im April saison- und kalenderbereinigt um 0,5% zugelegt. Im März waren die Umsätze noch um revidiert 5,1 (zuvor 5,9)% gesunken.

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