Industrie

Unsicherheit bringt Auftragseinbruch

Die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs zeigen sich nun auch in den „harten“ Daten: Der Auftragseingang der deutschen Industrie ist im März unerwartet kräftig zurückgegangen. Das Umsatzminus verheißt zudem für die Produktionszahlen nichts Gutes.

Unsicherheit bringt Auftragseinbruch

ba Frankfurt

Die Konjunkturaussichten der deutschen Wirtschaft trüben sich im ersten vollen Monat nach Ausbruch des Ukraine-Krieges spürbar ein. Eine geringere Auslandsnachfrage hat der Industrie einen unerwartet kräftigen Auftragseinbruch beschert – nachdem auch die Exporte überraschend deutlich gesunken sind. Ökonomen sagen der Wirtschaft schwierige Zeiten bis hin zu einer Rezession voraus.

Im März hat das verarbeitende Gewerbe dem Statistischen Bundesamt (Destatis) zufolge preis-, saison- und kalenderbereinigt 4,7% weniger Neubestellungen generiert als im Monat zuvor. Ökonomen hatten hingegen nur mit einem Minus von 1,1% gerechnet. Allerdings war der Rückgang im Februar doch nicht so groß wie zunächst gemeldet: Wegen Nachmeldungen von Großaufträgen aus dem Bereich Luft- und Raumfahrt berichten die Wiesbadener Statistiker ein Minus von 0,8% statt zuvor −2,2%. Und auch im März spielten Großaufträge eine gewisse Rolle: Bleiben sie außen vor, ergab sich ein Rückgang von 2,2%. Im Vergleich zu März 2021 war das Bestellvolumen 3,1% geringer. Für das gesamte erste Quartal ergibt sich wegen des deutlichen Rückgangs im Schlussquartal 2021 ein Plus von 2,8%.

„Damit zeigt sich im ersten Monat des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine bereits ein deutlicher Effekt der gestiegenen Unsicherheit auf die Nachfrage“, kommentierte das Bundeswirtschaftsministerium. Diese zeige sich vor allem bei den um 13,2% gefallenen Orderzahlen aus dem Nicht-Euroraum. Aus dem Euroraum gingen hingegen 5,6% mehr Bestellungen ein, so dass für die Auslandsnachfrage insgesamt ein Minus von 6,7% verzeichnet wird. Die Inlandsaufträge gingen derweil um 1,8% zurück.

Durststrecke im Sommer

„Der Ausblick für die nächsten Monate fällt derzeit gedämpft aus“, mahnte das Bundeswirtschaftsministerium. Diese Einschätzung teilen auch die Bankvolkswirte. Die Sommermonate dürften zur Durststrecke werden, schreibt etwa Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. „Die Belastungen sind gegenwärtig zu groß“, eine Rezession werde immer wahrscheinlicher. Im ersten Quartal war die deutsche Wirtschaft mit einem Plus von 0,2% knapp an einer technischen Rezession – also zwei Vierteljahren mit schrumpfendem Bruttoinlandsprodukt (BIP) – vorbeigeschrammt. Im Schlussabschnitt 2021 war das BIP noch um 0,3% gesunken.

Grund zur Sorge ist für Gitzel auch der Auftragsrückgang von 8,3% im Monatsvergleich bei den Herstellern von Investitionsgütern wie Maschinen, Fahrzeuge und Anlagen. Dass sich in Zeiten hoher politischer Unsicherheit und einer angespannten wirtschaftlichen Situation Investitionszurückhaltung breitmache, sei „keine gute Nachricht für die weitere wirtschaftliche Entwicklung“. Dabei sei die Investitionsbereitschaft grundsätzlich vorhanden: Die öffentliche Hand wolle in die Erneuerung der Energiewirtschaft investieren, die Unternehmen seien bereit, für Digitalisierung und eine CO2-Reduktion Geld in die Hand zu nehmen. Doch mangele es entweder an Material oder Personal. Der Ukraine-Krieg habe die Situation nun nochmals verschärft. Ebenso wie die Pandemielage in China. „Die neuen Verwerfungen in den Lieferketten in China werden in den kommenden Monaten den Druck auf die Aufträge und damit auf die gesamte Wirtschaft erhöhen“, mahnt ING-Chefökonom Carsten Brzeski. Die kurzfristigen Aussichten seien „alles andere als rosig“.

Und auch in den neuesten Produktionsdaten für März, die am Freitag veröffentlicht werden, werden die wirtschaftlichen Kriegsfolgen erste Spuren zeigen. Denn die Umsätze des verarbeitenden Gewerbes sind laut Destatis um 5,9% zum Vormonat gefallen. Zudem wird der Umsatzrückgang für Februar nun mit 2,2% statt zuvor −1,4% ausgewiesen. Marco Wagner von der Commerzbank führt das März-Minus auf dem starken Einbruch in der Automobilproduktion zurück. Die VDA-Zahlen für April verhießen aber einen Lichtblick.