NOTIERT IN PARIS

Die Kunst des Erklärens

Frankreich sei nicht unregierbar, findet er. Aber man müsse sich Zeit lassen, mehr zuhören und mehr erklären. Fast genau ein Jahr nachdem Frankreich erstmals von den sogenannten Gelbwesten-Protesten gegen höhere Umweltabgaben auf Treibstoff...

Die Kunst des Erklärens

Frankreich sei nicht unregierbar, findet er. Aber man müsse sich Zeit lassen, mehr zuhören und mehr erklären. Fast genau ein Jahr nachdem Frankreich erstmals von den sogenannten Gelbwesten-Protesten gegen höhere Umweltabgaben auf Treibstoff erschüttert wurde, hat sich Präsident Emmanuel Macron Montagfrüh in einem Interview des Radiosenders RTL zu Wort gemeldet. Es waren keine großen Ankündigungen, die er darin machte. Vielmehr versuchte das Staatsoberhaupt die Botschaft zu vermitteln, dass er bereit sei, der Bevölkerung stärker zuzuhören. Er machte jedoch auch deutlich, dass dies nicht bedeute, dass er auf die geplante Rentenreform verzichten werde.Gegen sie formiert sich bereits Widerstand. So haben mehrere Gewerkschaften sowie die Arbeitnehmervertreter der Bahn SNCF und der Pariser Nahverkehrsbetriebe RATP für den 5. Dezember zu Streiks und Protesten aufgerufen. Bei der Bahn, bei der Macron bereits vergangenes Jahr eine Reform durchgesetzt hatte, nutzen die Mitarbeiter seit ein paar Wochen jede Möglichkeit, zu streiken. Zu Beginn dieser letzten Schulferienwoche fielen deshalb zahlreiche TGV-Hochgeschwindigkeitszugverbindungen in den Westen des Landes aus.Eine Rentenreform mache immer Angst, gab Macron nun in dem Radiointerview zu. “Ich verstehe vollkommen, dass jemand, der bei EDF, der RATP oder der SNCF arbeitet und 48 oder 50 Jahre alt ist, dagegen protestiert.” Der Präsident ließ dabei erneut anklingen, dass die Rentenreform erst später, also für die jüngeren Generationen, umgesetzt werden könnte. Es sei jedoch nicht möglich, dass bei diesen öffentlichen Unternehmen künftig neue Mitarbeiter eingestellt würden, die dieselben Privilegien bekämen, wie sie die Belegschaft bisher genieße. Denn bei seiner Rentenreform geht es im Kern darum, die sogenannten Spezialrenten mit ihren zahlreichen Privilegien wie einem frühen Rentenalter abzuschaffen und die vielen Rentenkassen in einer zu bündeln. “Ich werde keine Schwäche oder Nachsicht zeigen”, kündigte Macron an. *Er ist zwar gerade erneut verschoben worden. Aber doch wirft der Brexit in der Kunstszene längst seinen Schatten voraus. Das zeigte sich bereits auf der auf zeitgenössische Kunst spezialisierten Messe FIAC (Foire Internationale d’Art Contemporain), die vor kurzem in Paris stattfand. Mit 72 % ausländischen Ausstellern sei sie noch nie so international gewesen, urteilt “Le Monde”. Immer mehr bekannte Galeristen aus London liebäugelten mit einer Niederlassung in der französischen Hauptstadt. So wie David Zwirner. Der deutsche Kunsthändler aus New York, der bereits Zweigstellen in London und Hongkong betreibt, hat diesen Monat eine neue Galerie im Marais-Viertel eröffnet. “Ich bin Europäer und ich reise nirgendwo anders so häufig hin wie nach Europa”, erklärte er. London werde bald nicht mehr Teil Europas sein, Paris aber ein Knotenpunkt.Die Londoner White Cube Gallery will Zwirner noch in diesem Monat folgen. Die Galerien Hauser & Wirth und Pace sollen ebenfalls auf der Suche nach Lokalitäten in Paris sein. Zumindest die White Cube Gallery bestreitet, dass ihre Entscheidung etwas mit dem Brexit zu tun hat. Vielmehr habe Paris in den letzten Jahren von Museen und Kunststiftungen her als Standort für die Kunstszene eine Renaissance erlebt, begründet Mathieu Paris, einer der Direktoren der Galerie, den Schritt. So hat der Luxusgüterkonzern LVMH 2014 im Bois de Boulogne die Fondation Louis Vuitton eröffnet. Die Fondation Pinault der Eignerfamilie des LVMH-Wettbewerbers Kering wiederum soll ihre Pforten für Besucher von 2020 an in der ehemaligen Kaufmannsbörse unweit der Hallen öffnen.Mehrere Sammler sollen wegen des Brexits ebenfalls begonnen haben, ihre Kunstsammlungen nach Frankreich oder in andere Länder auf dem Kontinent zu transferieren. Der österreichische Galerist Thaddaeus Ropac hat seine private Sammlung im März nach Frankreich bringen lassen. “Wir sind frustriert von all den Kehrtwendungen der britischen Regierung, wir navigieren auf Sicht”, sagt er. Ropac ist überzeugt, dass Paris als Standort für die Kunstszene vom Brexit profitieren kann.