NOTIERT IN MOSKAU

Einmal Sotschi und zurück

Auf dem verordneten Weg zurück in die Normalität wird in den russischen Behörden nun auch die Wiederaufnahme von Flugverbindungen ins Ausland diskutiert. Am vergangenen Mittwoch etwa wurde die staatliche Konsumentenschutzbehörde mit einer...

Einmal Sotschi und zurück

Auf dem verordneten Weg zurück in die Normalität wird in den russischen Behörden nun auch die Wiederaufnahme von Flugverbindungen ins Ausland diskutiert. Am vergangenen Mittwoch etwa wurde die staatliche Konsumentenschutzbehörde mit einer Vorschlagsliste von 13 Ländern – darunter Deutschland – bei den Ministerien vorstellig. Dort kursieren mehrere Varianten. Und noch ist nicht klar, welche von ihnen beschlossen werden wird. Dies hat natürlich auch damit zu tun, dass Europa Russland noch nicht in die Länder eingereiht hat, mit denen es die Flugverbindungen bald wiederherzustellen gedenkt. Seit dreineinhalb Monaten steht der Flugverkehr ins Ausland still. Und weil die Russen ja hinter allem gern verschwörerische Motive vermuten, kursiert die Erzählung, dass die Staatsführung die Flugverbindungen ins Ausland ohnehin nicht so schnell wiederherstellen will, um den Binnentourismus mal wieder ordentlich anzukurbeln.Folgt man dieser Logik, ist es wie ein Déjà-vu. Schon nach der Annexion der Krim vor sechs Jahren wurde der Weg in die Isolation vom Ausland insofern positiv gedeutet, als er neben der Nachfrage nach heimischen Produkten auch den Binnentourismus treibe. Die Krim selbst wurde damals als der letzte Schrei verkauft. Andere bekannte Destinationen ebenso. Das hatte den Effekt, dass dort die Preise schneller stiegen als die Qualität der Dienstleistung. Einmal mehr bewiesen die Russen so, dass sie von ihresgleichen mehr übervorteilt werden als vom angeblich russlandfeindlich gesinnten Ausland, wie so gern als Glaubenssatz verbreitet wird.So richtig begehrt ist dieses Jahr wieder die Gegend um die Olympiastadt Sotschi an der Küste des Schwarzen Meeres. Schon zu Zarenzeiten ein bevorzugter Erholungsort für die russische Aristokratie, erlebt die subtropische Urlaubsdestination nun einen wahren Boom. Dieser zeigt sich nicht nur in der Zahl der Urlaubenden, sondern mindestens ebenso sehr in den explodierenden Immobilienpreisen. Schon im April zeigte sich, dass die Nachfrage nach Immobilien an der Küste im Vergleich zum vergangenen Jahr um 20 % stieg.Was Eliteimmobilien betrifft, so sind die Preise auf Jahressicht im Durchschnitt sogar um 30 % gestiegen, schreibt Tatjana Burlakowskaja, Generaldirektorin des Immobilienvermittlers Golden Brown Sochi, in ihrer Analyse. Seit 2015 hätten sie sich verdreifacht, womit Sotschi das teuerste Pflaster hinter Moskau und St. Petersburg ist. Ein Quadratmeter in den für Olympia 2014 errichteten Wohnungsneubauten kostet bis zu 450 000 Rubel (5 600 Euro). Für Häuser außerhalb der Stadt zahlt man umgerechnet etwa 510 000 bis 770 000 Euro.Während in den Anfangsjahren des Booms übrigens hauptsächlich Angestellte des staatlichen Sicherheitsapparats (Geheimdienst, Polizei, . . .), denen Russland die Ausreise untersagt, und die mit westlichen Sanktionen belegten Geschäftsleute sich in Sotschi einkauften, legen heute dort alle Gesellschaftsgruppen ihr Geld an. Entsprechend zahlreich sind die Fallstricke. Ein spezifischer besteht laut Burlakowskaja darin, dass interessierte Käufer über Tausende Kilometer zur Objektbesichtigung gelockt werden, indem ihnen etwa auch der Flug bezahlt wird, ehe sie vor Ort erfahren, dass das Objekt gerade verkauft worden ist, und ihnen ein teurer Ersatz angeboten wird. Ein weiterer Fallstrick ist, dass während des Booms viele Objekte illegal errichtet worden sind und – wie zuletzt vermehrt geschehen – von den Behörden plötzlich abgerissen werden. Dazu kommen Baumängel aller Art, weil der Markt lange intransparent und korrupt war.