Ukraine-Krieg

Ende des Getreideabkommens schadet auch Russland

Moskau ist aus dem Getreideabkommen ausgestiegen – mit Nachteilen: Die Preise fallen, Händler ziehen sich zurück und dem Land gehen die Schiffe aus.

Ende des Getreideabkommens schadet auch Russland

Aus des Getreideabkommens schadet Moskau

Häfen überlastet – Große Lagerreserven drücken Preise – Gefahr einer Eskalation wächst

ast Frankfurt

Seit Moskau im Juli aus dem Getreideabkommen mit der Ukraine ausgestiegen ist, stauen sich Weizen und Mais in den russischen Häfen. Die riesigen Lagerbestände des Landes drücken zudem die Preise am Weltmarkt. Und westliche Politiker nutzen die Situation, um Stimmung gegen Moskau zu machen. Für den Kreml könnte das vermeintliche Druckmittel der Kündigung selbst zu einem Problem werden.

Zunächst führte die Kündigung des Schwarzmeerabkommens, das der Ukraine den Getreideexport durch das Schwarze Meer ermöglichte, zu starken Marktreaktionen. Zeitweise legten die Weizenpreise an den Terminmärkten im zweistelligen Prozentbereich zu. Inzwischen fallen sie aber wieder. Ein Grund dafür dürfte der offensive russische Export sein. Laut dem Moskauer Forschungszentrum für Agrarökonomie (Sovecon) hat das Land im Juli 4,4 Mill. Tonnen Weizen verschifft – so viel wie nie zuvor und fast 60% über dem Durchschnitt. Die US-Regierung schätzt laut Nachrichtenagentur Bloomberg, dass Russland zu Beginn der Erntesaison auf den größten Getreidereserven seit drei Jahrzehnten saß. Die großen Vorräte hätten dazu beigetragen, dass russischer Weizen zu den billigsten der Welt gehöre.

Nicht genug Schiffe

Russland will die Handelsbeziehungen zu afrikanischen Importeuren verbessern. Der russische Präsident Wladimir Putin nutzte die Getreidehoheit auf dem Afrika-Gipfel, um großzügige Geschenke zu versprechen. So sollen etwa mehrere afrikanische Staaten monatlich zwischen 25.000 und 50.000 Tonnen Getreide geschenkt bekommen. Allerdings haben sich viele Getreidehändler aus Russland zurückgezogen. So sind die beispielsweise Versicherungskosten für Getreidefrachter im Schwarzen Meer gestiegen, seit Russland aus dem Abkommen ausgestiegen ist und etwa im Hafen von Odessa schwere Schäden durch Bomben angerichtet hat. Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge haben internationale Agrarhändler wie Cargill, Louis Dreyfus und Viterra ihre Zusammenarbeit eingeschränkt. Um das Getreide auf eigene Faust zu exportieren, fehlen dem Land jedoch die nötigen Frachtkapazitäten. Die Händler sind zwar schon auf ältere und kleinere Schiffe umgestiegen. Doch das reicht nicht: Reuters zufolge haben sich die Charteranfragen Russlands seit Juli 2022 verdoppelt. Allein seit Juni ist die Nachfrage nach Schiffen um 40% gestiegen.

Westliche Politiker machen derweil Stimmung gegen Moskau: Russland gefährde mit dem Ende des Deals die Ernährungssicherheit – und das weltweit. Das stimmt allerdings nur punktuell: Die Hauptabnehmer russischen und ukrainischen Getreides sind nicht etwa die ärmsten Staaten Afrikas, sondern vielmehr Kenia und Ägypten etwa. Dort wird das Getreide zu Mehl für Mittel- und Oberschicht verarbeitet. Allerdings könnte eine Eskalation am Schwarzen Meer die Grundnahrungsmittelpreise steigern. Dann wären auch die Ärmsten betroffen, die seit der Coronavirus-Pandemie ohnehin bereits schwer zu kämpfen haben.

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