EU soll Vorreiter bei Industrienormen werden
BZ Frankfurt
Im Rennen um einheitliche Standards für die Industrie muss Europa sich nach Ansicht der EU-Kommission stärker gegen Konkurrenten wie China zur Wehr setzen. In einer am Mittwoch vorgestellten Strategie dringt die Behörde darauf, dass in der EU solche Normungsprozesse schneller über die Bühne gebracht werden. Dabei geht es etwa um Umwelt- und Arbeitsstandards beispielsweise im Bergbau oder einheitliche Sicherheitsvorkehrungen für Technikgeräte. Aus Wirtschaft und Politik kam Lob für die neue Strategie – versehen mit dem Hinweis, dass diese nicht ohne die Einbindung von Unternehmen umgesetzt werden könne.
„Wir wollen Normen ‚made in Europe‘ stärken“, sagte die parlamentarische Staatssekretärin Franziska Brantner (Grüne) in Berlin zu den EU-Plänen. „Normen und Standards bestimmen die internationalen Märkte und wer die Standards setzt, gibt die Spielregeln vor“, mahnte Achim Berg, Präsident des Digitalverbands Bitkom. „Die Normen selbst aber dürfen nicht von der Kommission, sie müssen von den Unternehmen geschrieben werden“, so Berg weiter. Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) fordert, Technologiestandards müssten künftig zum festen Bestandteil europäischer Handelsstrategien gemacht werden und ein gezieltes Instrument der Industriepolitik sein. Siegfried Russwurm, Präsident des Industrieverbands BDI erklärte: „Ein starkes europäisches Normungssystem ist für die strategische Souveränität Europas zentral.“ Auch der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) äußerte sich positiv zur neuen Strategie. Allerdings dürfe diese nicht in einem politikgesteuerten Normungssystem münden, sondern müsse auf der erfolgreichen praxis- und industriegetriebenen Normung aufsetzen. „Es ist daher unbedingt notwendig, die geopolitisch motivierte EU-Strategie mit den bewährten, marktgetriebenen Bottom-up-Prozessen zu verzahnen“, fordert Hartmut Rauen, stellvertretender VDMA-Hauptgeschäftsführer.
Neben beschleunigten Verfahren sollen sich die zuständigen Behörden besser austauschen. Um diese Ziele zu erreichen, soll unter anderem ein Gesetz zur Normung überarbeitet werden. Auch eine führende Rolle in den wichtigsten Gremien für Normung sei für die EU von entscheidender Bedeutung, teilte die Kommission mit.
Einheitliche Standards sorgen etwa dafür, dass Container aus Asien auf deutsche Frachter passen oder Stecker international funktionieren. Dafür gibt es verschiedene Organisationen wie das Deutsche Institut für Normung (DIN) oder das Europäisches Institut für Telekommunikationsnormen (Etsi). Die EU-Kommission und zahlreiche Wirtschaftsverbände fürchten, dass Europa den Anschluss verlieren könnte. „Wir haben festgestellt, dass China vor etwa vier Monaten eine neue Strategie für die Normung eingeführt hat“, sagte eine EU-Beamtin. Damit dränge das Land auch in den Bereich der europäischen Normung vor.
China sei sehr wohl bewusst, dass Normen die Märkte bestimmen. „Sie suchen, ähnlich wie wir, nach Möglichkeiten, Normen, die ihrer Meinung nach der richtige Weg sind, zu fördern“, so die EU-Beamtin. Peking baue seine eigenen Kapazitäten auch über internationale Firmen aus.