Beratungen der EU-Finanzminister

EU-Staaten bummeln beim Corona-Wiederaufbaufonds

Ab Freitag können die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne in Brüssel zur Prüfung eingereicht werden. Doch weniger als die Hälfte der EU-Staaten hat schon einen Entwurf fertig. Und die Finanzierungs-Grundlage für das Corona-Hilfsprogramm haben bislang auch nur wenig EU-Länder ratifiziert.

EU-Staaten bummeln beim Corona-Wiederaufbaufonds

ahe Brüssel

Die aktuelle portugiesische Ratspräsidentschaft hat die EU-Staaten aufgefordert, möglichst rasch den Eigenmittelbeschluss zu ratifizieren, der die Rechtsgrundlage zur Finanzierung des milliardenschweren Corona-Wiederaufbaufonds bildet. Bislang hätten lediglich sechs der 28 Länder die Ratifizierung abgeschlossen, sagte der portugiesische Finanzminister João Leão nach einer Videokonferenz mit seinen EU-Kollegen. Er sei aber optimistisch, dass die übrigen Verfahren bis Ende März abgeschlossen würden, damit die EU-Kommission noch vor dem Sommer an die Märkte zur Aufnahme der Mittel gehen könne.

Mit dem Eigenmittelbeschluss wird die Kommission zeitlich und der Höhe nach begrenzt ermächtigt, Anleihen im Namen der EU zu begeben. Über die Bonds soll der 750 Mrd. Euro große Wiederaufbaufonds finanziert werden, von dem 672,5 Mrd. Euro in die sogenannte Aufbau- und Resilienzfazilität (RRF) direkt für Investitionen und Reformen an die Mitgliedstaaten fließen. Zu den Ländern, die die Ratifizierung bereits beendet haben, gehört unter anderem Frankreich, nicht aber Deutschland. Die Bundesregierung will den Beschluss nach derzeitiger Planung am 26. März in den Bundesrat einbringen.

EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis bekräftigte gestern nach den Beratungen der Finanzminister, dass erste Auszahlungen aus dem Wiederaufbaufonds „im Sommer“ geplant seien, ohne den Termin jedoch genauer zu spezifizieren. Er verwies darauf, dass der Fonds zwar mit einem Volumen von 750 Mrd. Euro geplant worden sei, dass hier aber Preise von 2018 zugrunde lägen. Zu aktuellen Preisen sei eine Marktfinanzierung sogar von rund 800 Mrd. Euro nötig, sagte Dombrovskis. Damit werde die EU-Kommission zu einem der größten Emittenten von Euro-Anleihen.

Zweifel an Green Bonds

Die EU-Kommission hatte angekündigt, dass mindestens 30% der Finanzierung des Aufbaufonds über „grüne“ Anleihen erfolgen soll. Im Bundesfinanzministerium wurde dieses Ziel jetzt allerdings in Zweifel gezogen. In einem internen Papier des Ministeriums zu den Finanzminister-Beratungen, das der Börsen-Zeitung vorliegt, wird insbesondere auf die hierfür nötigen Offenlegungsverpflichtungen verwiesen. Green-Bond-Investoren verlangten sehr substanzielle und detaillierte Informationen, hieß es. Und es könne gefragt werden, ob die EU-Kommission in der Lage sei, diese Anforderungen zu erfüllen.

Dombrovskis verwies darauf, dass die EU-Staaten ab Freitag ihre nationalen Aufbau- und Resilienzpläne offiziell zur Prüfung in Brüssel einreichen könnten. Allerdings sind viele Länder noch längst nicht so weit: Bislang lagen nur von zwölf Mitgliedsländern Entwürfe vor – also von nicht einmal der Hälfte der EU-Staaten. Weitere zehn Länder haben zumindest einzelne Elemente für ihre Investitionen schon fertig. In fünf Ländern fehlen auch diese noch.

Dombrovskis bekräftigte noch einmal, dass das Geld nun so schnell wie möglich fließen müsse. „Der Wiederaufbaufonds eröffnet eine einzigartige Chance, eine nachhaltige und integrative Erholung zu gewährleisten, damit Europa widerstandsfähiger aus der Krise herauskommt“, sagte er. Zudem könne sich die EU damit besser auf eine grüne und digitale Zukunft vorbereiten.

Wertberichtigt Seite 8