Konjunktur

Euro-Industrie legt wieder einen Zahn zu

Die Euro-Industrie hat im April etwas mehr produziert als erwartet. Die Aussichten sind allerdings trübe, so dass sich die Industrie im zweiten Quartal als Bremsklotz für die Wirtschaft erweisen dürfte.

Euro-Industrie legt wieder einen Zahn zu

Euro-Industrie produziert etwas mehr

Plus von 1,0 Prozent – Bundeswirtschaftsministerium: „Ökonomische“ Rezession nicht zu erkennen

ba Frankfurt

Die Euro-Industrie hat im April etwas mehr produziert als erwartet. Die Aussichten sind allerdings trübe, so dass sich die Industrie im zweiten Quartal als Bremsklotz für die Wirtschaft erweisen dürfte. Das Bundeswirtschaftsministerium bescheinigt der deutschen Industrie zudem eine schwache Grunddynamik.

Die Industrie im Euroraum ist mit einem etwas größeren Produktionswachstum ins zweite Quartal gestartet als erwartet. Zudem ist der Dämpfer im März nicht ganz so kräftig ausgefallen wie zunächst gemeldet. Allerdings sind die weiteren Aussichten für die Industrie im gemeinsamen Währungsraum recht trübe, sodass die ausgeweitete Fertigung der derzeitigen Konjunkturskepsis nur wenig entgegenzusetzen hat. Denn die Euro-Wirtschaft ist im Winterhalbjahr nun doch in eine Rezession gerutscht – das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist sowohl zum Jahresende 2022 als auch im ersten Quartal 2023 um je 0,1% geschrumpft.

Laut dem Statistikamt Eurostat legte die saisonbereinigte Industrieproduktion im April um 1,0% zu. Ökonomen hatten mit einem Anstieg von 0,9% gerechnet. Im März war der Output noch um 3,8% gedrosselt worden – die Erstschätzung hatte aber noch einen höheren Rückgang um 4,1% ergeben. Im Jahresvergleich ist die Gesamtfertigung um 0,2% gestiegen. Experten hatten hier ein Plus von 0,7% prognostiziert. Am stärksten legte die Produktion von Investitionsgütern zu, und zwar um 14,7% im Monatsvergleich. Die Energieerzeugung stieg um 1,0%. Die Produktion von Vorleistungsgütern sank hingegen um 1,0%, während von Gebrauchsgütern 2,6% weniger hergestellt wurden und von Verbrauchsgütern 3,0% weniger. Der Einkaufsmanagerindex für Mai lässt wegen der Nachfrageschwäche einen Produktionsrückgang erwarten. Mit Ausnahme der Investitionsgüter – die durch den Aufbauplan NextGenerationEU gestützt würden – stünden alle Produktkategorien unter Druck, hieß es bei S&P Global.

Ähnliches Bild in der EU

In der EU zeigt sich ein ähnliches Bild: Der Anstieg um 0,7% folgte auf einen Rückgang um revidiert 3,2 (zunächst: 3,6)%. Für den Jahresvergleich ergibt sich ein Plus von 0,1%. Von einer höheren Produktion berichten die Hersteller von Investitionsgütern (12,1%) und von Energie (0,3%), während die Fertigung von Vorleistungsgütern um 1,0% und von Gebrauchsgütern sowie von Verbrauchsgütern jeweils um 2,2% sank.

Die Entwicklungen in den Mitgliedstaaten verlief wieder sehr uneinheitlich. Die höchsten monatlichen Anstiege wurden in Irland (+21,5%) und Litauen (+2,8%) verzeichnet. Allerdings ist das irische Statistikamt CSO Irland immer noch dabei, die saisonalen Anpassungsmethoden für industrielle Produktion und Umsatz zu prüfen, so dass die Daten volatiler sind und hervorstechen – so berichtet es für März ein Minus von 27,0% im Monatsvergleich und auch die Zuwächse von 4,3% im Februar und 6,5% im Januar liegen im EU-weiten Vergleich jeweils an vorderster Stelle. Die stärksten Produktionsrückgänge im April meldet Eurostat für Slowenien (–7,9%), Portugal (–5,5%) und die Niederlande (–3,5%).

Unter den Euro-Schwergewichten weitete einzig Frankreichs Industrie die Produktion aus, und zwar um 0,8%. In Italien und Spanien wurde die Fertigung gedrosselt und in Deutschland stagnierte sie. Das Bundeswirtschaftsministerium bescheinigte der deutschen Wirtschaft denn auch einen verhaltenen Start in das zweite Quartal. Die Belastungen aus den Energiepreissteigerungen, der weltwirtschaftlichen Schwäche und den ungünstigeren Finanzierungsbedingungen würden noch nachwirken und die erwartete konjunkturelle Erholung verzögern, heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten Monatsbericht. Die konjunkturelle Grunddynamik in der Industrie habe sich abgeschwächt, die Verbraucherstimmung weiter aufgehellt, wenn auch nur gering. Die Konjunkturschwäche habe am Arbeitsmarkt zu einer nachlassenden Dynamik geführt.

Perspektivisch aber „sprechen die rückläufigen Preise auf den globalen Energiemärkten, die weiter nachlassende Inflationsdynamik, die höheren Lohnabschlüsse und die erwartete weltwirtschaftliche Belebung für eine moderate konjunkturelle Erholung der deutschen Wirtschaft im weiteren Jahresverlauf“, heißt es aus dem Ministerium. Die Wirtschaft befinde sich im Frühsommer weiter in schwierigem Fahrwasser, eine „ökonomische“ Rezession im Sinne eines länger anhaltenden, tiefen Einbruchs der Wirtschaftsleistung bei unterausgelasteten Kapazitäten, sinkenden Investitionen, einem Rückgang der Beschäftigung und steigender Arbeitslosigkeit sei allerdings derzeit nicht zu erkennen. Nach zwei Quartalen mit negativem Wachstum in Folge wie im Winterhalbjahr mit –0,5% und –0,3%, ist die Wirtschaft nach gängiger Definition in einer technischen Rezession.

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