Verbraucherpreise legen stärker zu

Euro-Inflation entfernt sich vom EZB-Ziel

Erstmals seit April liegt die Inflation im Euroraum wieder über dem mittelfristigen Zielwert der EZB. Auch wenn es Anzeichen gibt, dass der Anstieg nur vorübergehend sein könnte, dürfte eine weitere Zinssenkung der EZB in diesem Jahr immer unwahrscheinlicher werden.

Euro-Inflation entfernt sich vom EZB-Ziel

Euro-Inflation entfernt sich vom EZB-Ziel

Anstieg auf 2,2 Prozent – Kernrate unverändert – Abwärtstrend bei Teuerung für Dienstleistungen unterbrochen

Erstmals seit April liegt die Inflation im Euroraum wieder über dem mittelfristigen Zielwert der EZB von 2,0%. Auch wenn es Anzeichen gibt, dass der Anstieg nur vorübergehend sein könnte, dürfte eine weitere Zinssenkung der Europäischen Zentralbank in diesem Jahr immer unwahrscheinlicher werden.

mpi Frankfurt

Die Inflation im Euroraum klettert im September auf 2,2%. Zuvor hatte die Teuerung drei Monate in Folge exakt 2,0% betragen – der Wert, den die EZB mittelfristig anstrebt und als preisstabil betrachtet. Wie auch schon bei den Verbraucherpreisen in Deutschland ist der Anstieg zu großen Teilen auf einen geringeren Rückgang der Energiekosten zurückzuführen. Diese energiepreisbedingten Basiseffekte könnten sich in den kommenden Monaten wieder drehen und die Teuerung dann stärker dämpfen.

Die Kernrate, die die schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise ausklammert, blieb im September stabil bei 2,3%. „Dies ist weiterhin etwas mehr als von der EZB angepeilt, aber wohl kaum ein Grund, an den Leitzinsen etwas zu ändern“, meint Ralph Solveen, Ökonom bei der Commerzbank. Die Kerninflation gilt Notenbankern als ein guter Gradmesser für den unterliegenden Trend bei der Inflation.

Hoffnung der Anleger auf Zinssenkung schwindet

Investoren und Ökonomen gehen fest von einer Verlängerung der Zinspause bei der nächsten geldpolitischen Sitzung der EZB Ende Oktober aus. Sollte die Notenbank die Geldpolitik in diesem Zyklus noch einmal lockern, könnte dies bei der letzten Sitzung des Jahres kurz vor Weihnachten der Fall sein. Dann aktualisieren die EZB-Ökonomen ihre Projektionen zu Inflation und Wirtschaftswachstum. „Für eine Zinssenkung bedarf es wohl vor allem einer deutlich schwächeren Konjunktur“, sagt Alexander Krüger, Chefökonom der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Weniger wirtschaftliche Aktivität senkt den Inflationsdruck.

Immer weniger Analysten gehen inzwischen davon aus, dass die EZB zum Jahresende nochmal die Zinsen senken wird. Dazu tragen auch Äußerungen von Ratsmitgliedern bei. So sagte EZB-Vizepräsident Luis de Guindos am Mittwoch, das jetzige Zinsniveau sei „das Richtige“. Auch wenn sich die EZB nicht vorab auf einen bestimmten Zinspfad festlegt, sind solche Äußerungen Indizien, dass eine weitere Lockerung der Geldpolitik unwahrscheinlicher wird.

Löhne steigen langsamer

Solveen macht zudem derzeit keine Anzeichen dafür aus, dass die Inflation mittelfristig deutlich unter den EZB-Zielwert sinken könnte. Auch wenn er konstatiert, dass der zuletzt langsamere Anstieg der Löhne dafür spricht, „dass der leichte Anstieg der Teuerungsrate bei Dienstleistungen nicht das Ende, sondern nur eine Unterbrechung ihres Abwärtstrends bedeutet“. Im September legte die Dienstleistungsinflation im Euroraum von 3,1 auf 3,2% zu.

Stephanie Schoenwald, Ökonomin bei KfW Research, rechnet ebenfalls mit einer demnächst wieder nachlassenden Dienstleistungsinflation. Sie verweist dabei nicht nur auf die Lohnentwicklung. „Das zeigt sich auch in nachlassenden Absatzpreiserwartungen der Unternehmen“, sagt sie. „Die Zahlen sprechen insgesamt für eine Fortsetzung der Zinspause der EZB und ein Festhalten am ausgewogenen Leitzinsniveau von 2,0%.“

Für Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, sind die Inflationsrisiken nach oben für die EZB hingegen noch nicht gebannt. „In allen großen Ländern des Währungsraumes (Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien) legen die Inflationsraten zu, was für die EZB ein Warnzeichen ist“, sagt er. Deshalb könne mit zunehmender Gewissheit davon ausgegangen werden, dass die Leitzinsen in der Eurozone ihr vorläufiges Tief erreicht haben. „Dies heißt aber auch, dass die schleppende wirtschaftliche Entwicklung in der Eurozone keine weitere Unterstützung der EZB bekommt.“