Euro-Wirtschaft verliert an Schwung
Für die Wirtschaft im Euroraum sieht es derzeit nicht rosig aus: Im Vergleich zum Jahresauftakt halbierte sich das Wachstumstempo im zweiten Quartal, und eine schnelle Besserung ist nicht in Sicht. Ökonomen erwarten daher, dass die EZB im September handeln wird.ba Frankfurt – Das Wirtschaftswachstum im Euroraum hat im zweiten Quartal deutlich an Schwung verloren. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist laut dem Statistikamt Eurostat saisonbereinigt um 0,2 % im Vergleich zum Vorquartal gestiegen. Ökonomen hatten dies so erwartet, nachdem zuletzt Stimmungsindikatoren und harte Daten teils deutlich gesunken waren. Zum Jahresauftakt war die Wirtschaft im gemeinsamen Währungsraum noch unerwartet kräftig um 0,4 % geklettert. Im Vorjahresvergleich legte das BIP 1,1 % zu. Ein präventives Handeln der EZB im September erwarten die Experten allesamt.”Der Schwung ist weg: Für die europäische Wirtschaft geht es bis auf Weiteres nur noch im Schneckentempo aufwärts”, sagte KfW-Expertin Stephanie Schoenwald. “Die globale Abkühlung ist in vollem Gange; die handels- und geopolitischen Konflikte brodeln weiter.” Neue geldpolitische Impulse allein dürften daran aber nicht viel ändern. Etwas optimistischer zeigte sich Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Lampe Bank: Die Euro-Wirtschaft halte sich wacker, die Wirtschaftsleistung sei noch ganz passabel gestiegen. Hierfür sprächen “die mittlerweile als gut zu bezeichnende Arbeitsmarktlage, die durch Lohnzuwächse und Inflationsrückgang gestiegenen Reallöhne und die höhere Unterstützung seitens der Fiskalpolitik”. Das zweite Halbjahr allerdings werde “seitens des bereits lang anhaltenden und vorerst offenbar nicht zu lösenden globalen Handelsstreits sowie des unklaren Brexits” stärkeren Belastungen ausgesetzt sein. Die niedrige Wachstumsrate im zweiten Quartal sieht Krüger als Normalisierung an, “die nach einer Boom-Phase üblich ist”. Daneben ließen die “respektablen BIP-Ergebnisse für Frankreich und Spanien” erahnen, dass andere Länder konträre Entwicklungen gezeigt hätten: “Hier haben wir besonders Deutschland im Blick”, betonte Krüger. Spanien sorgt für das PlusVor allem Spanien sei es zu verdanken, dass die Euro-Wirtschaft “überhaupt auf ein Plus von 0,2 % kommt”, kommentierte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Das spanische BIP ist im Zeitraum April bis Juni um 0,5 % im Vorquartalsvergleich gewachsen. Ökonomen hatten allerdings ein Plus von 0,6 % erwartet, nach dem Wachstum von 0,7 % im Startabschnitt (siehe Grafik). Im Vorjahresvergleich kletterte das BIP wie prognostiziert um 2,3 %, wie das nationale Statistikamt INE meldete.In Italien stagnierte die Wirtschaft im Frühjahrsquartal, wie das nationale Statistikamt Istat mitteilte. Ökonomen hatten hingegen im Mittel ein leichtes Schrumpfen um 0,1 % auf dem Zettel, nachdem die drittgrößte Volkswirtschaft des Euroraums im zweiten Halbjahr 2018 in die Rezession gerutscht war, die gekennzeichnet ist durch zwei aufeinanderfolgende Quartale mit negativen Wachstumsraten. Bereits am Dienstag hatte Frankreichs Statistikamt Insee ein Wachstum von 0,2 % vermeldet – im ersten Quartal hatte die zweitgrößte Euro-Volkswirtschaft noch um 0,3 % zugelegt. Daten für Deutschland werden erst am 14. August vorgelegt. Das Berliner DIW erwartet eine Stagnation, Commerzbank-Volkswirt Marco Wagner rechnet ebenso wie auch die Bundesbank mit einem Minus.Die Details zum BIP werden erst am 6. September veröffentlicht, erste Länderdaten liefern aber Hinweise: Andreas Scheuerle von der DekaBank etwa macht steigende Konsumausgaben in allen Ländern aus, wenn auch die Dynamik zurückgegangen sei. Positive Zuwachsraten gab es wohl auch bei Importen und Exporten. Bei Letzteren gebe es noch keinen direkten Einfluss von Handelsstreit, Brexit und den gestiegenen geopolitischen Risiken. Unternehmen würden aber vorsichtiger.