Euroland-Industrie kriselt
Die Wirtschaft in der Eurozone schwächelt. Neue Konjunkturdaten machen nun wenig Hoffnung auf baldige Besserung. Die Einkaufsmanagerindizes geben weiter nach. Besonders deutlich war der Rückgang in der Industrie – und das vor allem in Deutschland. Die Angst vor einer Rezession nimmt zu.arp Frankfurt – Die Stimmung in der Euro-Wirtschaft hat sich im März unerwartet eingetrübt – wobei vor allem die Talfahrt in der Industrie, speziell in Deutschland, auf die Laune gedrückt hat. Der von IHS Markit erhobene Einkaufsmanagerindex (PMI) ging um 0,6 auf 51,3 Punkte zurück, wie das Unternehmen am Freitag mitteilte. Volkswirte hatten dagegen auf eine marginale Verbesserung gehofft.Vor allem in der Industrie hält die Krisenstimmung an. Der entsprechende Teilindex ging von 49,3 auf 47,6 Punkte zurück – ein 71-Monats-Tief. Werte über 50 Punkten deuten auf eine Expansion der Wirtschaft hin, Werte darunter auf eine Schrumpfung. Dagegen hielt sich die Stimmung bei den Dienstleistern recht stabil. Der Teilindex gab nur um 0,1 auf 52,7 Punkte nach.Die neuen Daten verstärkten Sorgen um die Euro-Wirtschaft. Die Konjunktur hat sich Ende 2018 deutlich stärker abgekühlt als erwartet, und bislang zeichnet sich keine spürbare Gegenbewegung ab. In der Folge haben gar Ängste vor einer Rezession zugenommen – speziell in Deutschland. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat schon reagiert und ihre Geldpolitik erneut gelockert.Die Industrie sei das Sorgenkind Nummer 1 in der Eurozone, erklärte IHS Markit am Freitag. Die Talfahrt habe sich insbesondere wegen verstärkter Rückgänge bei der Produktion und dem Auftragseingang beschleunigt, was die gravierendsten Geschäftseinbußen seit dem April 2013 nach sich gezogen habe. “Die Industrieproduktion wurde so deutlich zurückgefahren wie zuletzt vor knapp sechs Jahren, der Auftragseingang wies das höchste Minus seit Dezember 2012 aus. Und beim Exportgeschäft schlugen hier die höchsten Verluste seit August 2012 zu Buche”, heißt es in der Analyse von IHS Markit.Das lässt laut IHS-Markit-Chefvolkswirt Chris Williamson für die nahe Zukunft nichts Gutes ahnen: “Einer der niedrigsten PMI-Vorabschätzungen seit Ende 2014 zufolge dürfte das Wirtschaftswachstum der Eurozone im März schwach bleiben.” Nach den Berechnungen von IHS wurde der Rückgang der Industrieproduktion um 0,5 % aber vom 0,3-prozentigen Anstieg im Servicesektor überkompensiert. Dies deute auf ein BIP-Wachstum von “mageren” 0,2 % im ersten Quartal hin.Auch die Analysten der DekaBank zeigten sich besorgt: “Der Gesamteinkaufsmanagerindex für den Euroraum erreichte im ersten Quartal 2019 einen Wert von 51,4 Punkten. Unter dem Strich bleibt damit ein schwaches Wachstumssignal übrig.” Beschleunigte TalfahrtWas die Industrie angeht, ist die Lage in Europas größter Volkswirtschaft Deutschland noch schlechter als im Euro-Durchschnitt. Hier sackte der Teilindex von 47,6 auf 44,7 Punkte noch deutlicher unter die Expansionsschwelle und erreichte ein 79-Monats-Tief. Analysten hatten mit einem Anstieg auf 48,0 Punkte gerechnet. Noch im positiven Bereich liegt auch in Deutschland der Composite Index, der Industrie und Dienstleister zusammenfasst. Er erreichte laut Vorabschätzung 51,5 Punkte – was allerdings auch ein 69-Monats-Tief markiert und 1,3 Zähler unter dem Februarwert liegt.Aufgrund der beschleunigten Talfahrt der Industrie sei die deutsche Wirtschaft im März so langsam gewachsen wie seit sechs Jahren nicht mehr, so IHS Markit. Das Analysehaus machte auch einen ersten Stellenabbau aus, was in der Konsequenz dazu führte, dass der Jobaufbau so schwach ausfiel wie zuletzt im Mai 2016. Das sei auch ein Warnsignal für die Binnennachfrage, so IHS-Markit-Analyst Phil Smith. Er macht “Unsicherheit bezüglich des Brexit und der Handelsbeziehungen USA und China, die Schwäche der Automobilindustrie und die generell nachlassende weltweite Nachfrage” als belastende Faktoren aus.Dass der deutsche Composite PMI nicht unter die Expansionsschwelle von 50 Zählern gerutscht ist, liegt am Dienstleistungssektor. Hier stand der Teilindex bei 54,9 Punkten – 0,4 Zähler niedriger als im Februar.