Zinsentscheid

EZB verlängert Zinspause und senkt Inflationsprognose für 2024 deutlich

Die EZB hat damit begonnen, über die Abschwächung ihrer restriktiven Geldpolitik zu sprechen, wie Präsidentin Christine Lagarde nach dem Zinsentscheid sagte. Eine Zinssenkung im April scheint dennoch unwahrscheinlich zu sein.

EZB verlängert Zinspause und senkt Inflationsprognose für 2024 deutlich

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat über eine Zinssenkung im März nicht diskutiert, mit Gesprächen über eine Lockerung der Geldpolitik in den kommenden Monaten jedoch begonnen. Dies bestätigte EZB-Präsidentin Christine Lagarde auf der Pressekonferenz nach dem Zinsentscheid am Donnerstag. Ökonomen und inzwischen auch immer mehr Finanzmarktteilnehmer rechnen für den Juni mit diesem Schritt. Es gibt aber auch Stimmen für eine erste Lockerung bereits im April.

Äußerungen von Lagarde, dass es bis April nur wenig neue Daten zur Entwicklung von Löhnen und Unternehmensprofiten geben wird und bis Juni deutlich mehr, deuten an, dass die Notenbank wohl nicht schon im April die Leitzinsen senkt.

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Die Projektionen für die Entwicklung der Inflation und des Wirtschaftswachstums im Euroraum haben die EZB-Ökonomen derweil größtenteils nach unten korrigiert. Für das laufende Jahr erwarten sie nun ein Wirtschaftswachstum von 0,6%, nach 0,8% bei der vorherigen Prognose im Dezember. Für 2025 bleibt die Prognose bei 1,5% und für 2026 wurde sie um 0,1 Prozentpunkte auf 1,6% angehoben. Die Inflationsprognose für 2024 senkte die EZB von 2,7% auf 2,3%. Für das kommende Jahr erwarten sie nun 2,0% und in 2026 1,9% (bisher 2,1% in 2025 und 1,9% in 2026).

Preisstabilität noch ein gutes Stück entfernt

„Seit der letzten EZB-Ratssitzung im Januar ist die Inflation weiter gesunken, heißt es im Kommuniqué der EZB“. Die Inflation in der Eurozone hatte sich im Februar weiter dem EZB-Inflationsziel von 2,0% angenähert. Allerdings fiel der Rückgang auf 2,6% etwas schwächer aus als von Ökonomen erwartet. Auch die Kernrate als Indikator für den zugrundeliegenden Preisdruck lag mit 3,1% etwas über den Prognosen. Bei der Kerninflation werden die schwankungsanfälligen Lebensmittel- und Energiepreise von den Statistikern herausgerechnet.

Diese Produktgruppen waren in den beiden vergangenen Jahren wesentlich für den enormen Anstieg der Verbraucherpreise verantwortlich, der mit 10,6% im Oktober 2022 seinen Höhepunkt erreicht hatte. Inzwischen avancieren jedoch die Preiserhöhungen für Dienstleistungen zum Inflationstreiber in der Eurozone. Hier geht die Teuerung derzeit quasi nicht zurück und lag im Februar bei 3,9%.

Dienstleistungen als Inflationstreiber

Die neue Zusammensetzung der Inflation könnte laut einer kürzlich veröffentlichen Studie der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) auch dazu führen, dass die Rückkehr zum Inflationsziel der EZB länger als gedacht dauert. Dies liege daran, dass Inflation für Dienstleistungen in der Regel hartnäckiger sei als Teuerung bei Waren.

Ein weiterer Grund, weswegen die Dienstleistungsinflation nur langsam sinken könnte, sind anstehende Lohnerhöhungen in der Eurozone. Diese wirken sich im personalintensiven Servicesektor besonders stark aus. Im vierten Quartal hatte sich der Anstieg der Tariflöhne leicht von 4,7 auf 4,5% abgeschwächt. Er blieb damit jedoch auf einem hohen Niveau. Die EZB erwartet, dass das Lohnwachstum für 2024 ebenfalls bei rund 4,5% liegt. Allerdings ist die Unsicherheit der Prognose angesichts einiger laufender Tarifverhandlungen hoch. Unklar ist auch, wie sehr die Lohnsteigerungen die Preise der Unternehmen steigern werden. Möglicherweise ist der Spielraum der Firmen angesichts der vergangenen Preiserhöhungen und der weiter mauen Konjunktur begrenzt, sodass sie die steigenden Arbeitskosten vor allem durch sinkende Margen auffangen müssen.

Debatte um Zeitpunkt der ersten Zinssenkung

Die Verfechter einer eher restriktiven Geldpolitik im EZB-Rat wollen daher die Lohndaten für das erste Quartal abwarten, ehe über Zinssenkungen entschieden wird. Da die Daten erst am 23. Mai vorliegen, wäre damit der frühste Zeitpunkt für eine erste Zinssenkung die Sitzung im Juni.

Das andere Lager im Rat, das derzeit in der Minderheit zu sein scheint, tendiert dagegen zu einer Zinssenkung bereits im April. Sie verweisen zum einen auf die schwächelnde Euro-Konjunktur, was zu einer niedrigeren Nachfrage und damit zu einem geringeren Inflationsdruck führt. Zum anderen führen sie an, dass die EZB-Prognose aktuell nicht von einem weiter steigenden Lohnwachstum ausgeht, sodass es Spielraum für eine Zinssenkung im Frühjahr gäbe.