Flexible Schuldenquoten

Beim Vergleich internationaler Statistiken ist Vorsicht geboten

Flexible Schuldenquoten

Von Stephan Lorz, FrankfurtOb Wachstum, Verschuldung, Arbeitslosigkeit oder Inflation – statistische Veröffentlichungen prägen oft die Einschätzung der Finanzmarktteilnehmer und sorgen bisweilen dafür, dass ein Land bei Investments bevorzugt wird, während anderen Liebesentzug droht. Entsprechende (Vor-)Urteile halten sich hartnäckig und machen es vielen Staaten schwer, sich aus ihrer misslichen Lage zu befreien. Angesichts der kaum mehr zu überblickenden Vielfalt statistischer Daten bestimmt dann häufig die Vorprägung die entsprechende optimistische oder pessimistische Einordnung. Das gilt auch beim Vergleich der Eurozone mit den USA.Vor allem die Daten zur Arbeitslosigkeit und zur Staatsverschuldung sorgen hier bisweilen für Irritationen. So wird derzeit in den USA bejubelt, dass die Arbeitslosigkeit im Dezember auf 6,7 % gesunken ist – damit also unter die magische 7-Prozent-Marke, die der bisherige Notenbankchef Ben Bernanke als Schwelle für die von ihm eingefädelte Hyper-Lockerungspolitik gesetzt hatte. Liegt die Quote darüber, muss die Politik beibehalten, fällt sie darunter, kann sie zurückgefahren werden.Nun gibt es aber gleich mehrere Werte der US-Arbeitslosenquote. Der offizielle (6,7 %) nimmt nur den tatsächlich als arbeitssuchend registrierten Personenkreis zur Grundlage. Nimmt man auch jene dazu, welche die Arbeitssuche aufgegeben haben oder sich mit einem Niedriglohnjob zufriedengeben, obwohl sie damit die Lebenshaltungskosten nicht bestreiten können, steigt die Quote auf 13,1 %. Um Statistiken zu vergleichen, sollte man daher auf international harmonisierte OECD-Daten zurückgreifen. Aber auch die OECD macht sich die US-Definition zu eigen. Für November (letztverfügbarer Wert) wird mit 7,0 % die gleiche Quote ausgeworfen wie von der US-Regierung. Demgegenüber wird für Deutschland eine Quote von 5,2 % gemessen. Nach deutscher Statistik waren es aber 6,5 %.Auch beim Vergleich der Verschuldungsquoten gibt es eine große Bandbreite, worauf jetzt die Commerzbank-Ökonomen aufmerksam machen. Für die USA reicht die Quote von nur 72,5 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bis hin zu 119 %. Das eine sind die öffentlichen Schulden der US-Bundesregierung. Die Verbindlichkeiten gegenüber der Sozialversicherung und der Pensionskasse werden dabei unterschlagen, weil sie dem Staatssektor zugerechnet werden. Nimmt man sie mit herein, kommt man auf 119 %. Die OECD geht hier einen Mittelweg, rechnet nur die künftigen Belastungen der Pensionskasse heraus und kommt damit auf 104 %.Dies liegt auf Höhe der OECD-Verschuldungsdaten für die Eurozone von 106,4 %. Die Fiskallage der USA ist damit kaum besser als die der Währungsunion in ihrer Gesamtheit. Das liegt aber zum großen Teil am Schwergewicht Deutschland, das nach den harmonisierten OECD-Daten “nur” eine Schuldenquote von 86,1 % aufweist. Nach europäischer, günstigerer Abgrenzung dürfte der Wert für 2013 mit 78 % wohl deutlich darunter zu liegen kommen.