NOTIERT IN WASHINGTON

Fragwürdige Wahlspenden

Wie wichtig der Nation dieses Jahr die US-Zwischenwahlen waren, das beweist nicht nur die enorm hohe Wahlbeteiligung, die an der vorzeitigen Stimmabgabe gemessen alle bisherigen Rekorde in den Schatten stellen dürfte. Mindestens ebenso...

Fragwürdige Wahlspenden

Wie wichtig der Nation dieses Jahr die US-Zwischenwahlen waren, das beweist nicht nur die enorm hohe Wahlbeteiligung, die an der vorzeitigen Stimmabgabe gemessen alle bisherigen Rekorde in den Schatten stellen dürfte. Mindestens ebenso aussagekräftig ist die Tatsache, dass nicht nur die Kandidaten selbst, sondern auch wohlhabende Einzelspender und gut betuchte Organisationen, größtenteils die umstrittenen “Super PACs”, die Brieftaschen aufmachten wie nie zuvor.Bis unmittelbar vor der Wahl waren mehr als 3 Mrd. Dollar in diverse Kampagnen zur Unterstützung der Kandidaten für den Senat, das US-Repräsentantenhaus und Gouverneursämter geflossen. Der Rekordbetrag ist etwa doppelt so hoch wie der Betrag, den einzelne Kampagnen und deren Sponsoren 2014 ausgegeben hatten. Einigen Schätzungen zufolge könnten Geldgeber, wenn demnächst alle Spenden ausgezählt sind, sogar an die 5 Mrd. Dollar in den Wahlkampf gepumpt haben.Neben dem gesteigerten Interesse, das dieses Jahr den “Midterms” galt, illustriert der Geldsegen aber auch, dass sämtliche Versuche aus der Vergangenheit, den Einfluss vermögender Sponsoren und großer Unternehmen auf den demokratischen Wahlprozess einzudämmen, nicht nur umsonst waren. Vielmehr spielten die Spender aller Gesetzesverstöße zum Trotz in Wahlkämpfen heute eine noch größere Rolle als vor 44 Jahren.Damals genehmigte der Kongress im Gefolge des Watergate-Skandals harte Obergrenzen für Beträge, die für einzelne Kandidaten gespendet werden dürfen. Unterlaufen wurden die Limits in darauffolgenden Jahren durch die wachsende Bedeutung sogenannten “weicher” Spenden. Diese gehen nicht direkt an die politischen Kandidaten, sondern an deren Partei oder ihnen nahestehenden Organisation. Gleichwohl erfüllten sie denselben Zweck. Das “weiche Geld” konnte auch für Werbung benutzt werden, also um für die eigenen Positionen zu werben oder den Gegner mit schonungslosen Angriffen, die in der Donald-Trump-Ära kaum überraschend häufiger und rabiater sind als je zuvor, zu diskreditieren.Dieses Schlupfloch wollten dann der mittlerweile verstorbene Senator John McCain und sein Kollege Russell Feingold stopfen, was ihnen vor 16 mit dem Bipartisan Campaign Reform Act auch teilweise gelang. Ausgehöhlt wurde McCains Gesetz aber acht Jahre später durch ein Gerichtsurteil, das den Weg frei machte für die Entstehung jener Super PACs, die heute maßgeblichen Einfluss auf Wahlergebnisse haben. Die Super PACs, mit oft plakativen Namen wie “Texas Forever”, “Defending Main Street” oder “America First Action”, dürfen weder Kandidaten noch deren Partei finanziell unterstützen. Dafür dürfen sie sich aber mit Summen in unbegrenzter Höhe, die von Milliardären, Unternehmen sowie Gewerkschaften und anderen Interessenvertretungen kommen, “politisch engagieren” und “unabhängige Ausgaben” tätigen.Super PACs griffen für die 2018 Midterms jedenfalls tiefer in die Taschen als jemals zuvor. Mehr als 1 Mrd. Dollar haben sie gespendet, dies verglichen mit einem Drittel weniger vor vier Jahren. Die Sponsoren finanzieren damit im Fernsehen, Hörfunk und Internet Anzeigen, die vor einer “Invasion” durch die Migrantenkarawane warnen und behaupten, dass Demokraten illegale Einwanderer ins Land lassen wollen und Steuern erhöhen würden. Oder andere, die republikanische Kandidaten mit den Unwahrheiten in Verbindung bringen, die Trump regelmäßig und ungeniert verbreitet.Allein im Rennen um den Senatssitz in Florida haben die Super PACs mehr als 75 Mill. Dollar ausgegeben, relativ dicht gefolgt von Senatsrennen in Nevada, Indiana und Missouri. Für einen Sitz im Repräsentantenhaus, wo deutlich mehr, nämlich 435 Mandate zur Disposition standen, sind zweistellige Millionenspenden auch gang und gäbe.Ob es sich um “harten Spenden”, “weiche Spenden” oder Super-PAC-Gelder handelt: Sicher erscheint, dass die Bedeutung des großen Geldes in der US-Politik weiter wachsen wird. Womit Trump eines seiner wichtigsten Wahlversprechen, nämlich “den Sumpf trockenzulegen” und die Politik von Agenda gesteuerten Geldgebern zu befreien, eindeutig verfehlt hat.