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Französische Karrierebeamtin führt künftig die EBRD

Von Andreas Hippin, London Börsen-Zeitung, 9.10.2020 Der Board der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) hat auf der Jahreskonferenz in London die französische Karrierebeamtin Odile Renaud-Basso zur neuen Präsidentin gewählt....

Französische Karrierebeamtin führt künftig die EBRD

Von Andreas Hippin, LondonDer Board der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) hat auf der Jahreskonferenz in London die französische Karrierebeamtin Odile Renaud-Basso zur neuen Präsidentin gewählt. Damit setzte sich die Absolventin des Institut d’Études Politiques de Paris (Sciences Po) und der Ecole Nationale d’Administration gegen den polnischen Finanzminister Tadeusz Koscinski durch. Sie wird ihr neues Amt noch im laufenden Jahr antreten. Ihr Vorgänger Suma Chakrabarti, der den Chefsessel im Juli räumte, verdingt sich mittlerweile bei den Herrschern Kasachstans und Usbekistans als Berater. Der ehemalige britische Karrierebeamte war der erste Präsident in der Geschichte des Instituts, der nicht aus Deutschland oder Frankreich kam.Übergangspräsident Jürgen Rigterink gratulierte Renaud-Basso zu ihrer Wahl: “Sie bringt enorme internationale Erfahrung mit und ich weiß, dass die Bank in sehr guten Händen sein wird, wenn sie das nächste Kapitel ihrer 30jährigen Erfolgsgeschichte aufschlägt.” Die ehemalige stellvertretende Generaldirektorin der Staatsbank Caisse des Dépôts wird den auf der Konferenz verabschiedeten Plan umsetzen müssen, bis 2025 mehr als 50 % der jährlichen Investitionen in Projekte zu lenken, die sich als “Green Finance” deuten lassen. Für solche Aufgaben bringt sie eine Menge Know-how mit. Renaud-Basso war im französischen Finanzministerium für die Entwicklung wirtschaftspolitischer Maßnahmen zuständig und spielte eine führende Rolle, wenn es um europäische und internationale Finanzangelegenheiten, Handelsfragen, Finanzregulierung und Schuldenmanagement ging. Sie vertret die französischen Interessen bei EBRD und Weltbank. Sie sitzt dem Club de Paris vor, einem informellen Gremium, das zwischen Gläubigerländern und in Schwierigkeiten geratenen Schuldnerländern vermittelt. Mit ihrer Wahl geht die Führung der europäischen Förderbank wieder an den Vertreter eines Landes, das sich der Idee der europäischen Einigung verpflichtet fühlt. Irak wird MitgliedslandIm laufenden Jahr setzte die EBRD alle ihre Ressourcen dafür ein, den 38 von ihr bedachten Volkswirtschaften über die unmittelbaren Folgen der Coronavirus-Pandemie hinwegzuhelfen. Josué Tanaka, Managing Director für Energieeffizienz und Klimawandel, nannte Covid-19 “einen scharfen Warnschuss, was die Dringlichkeit betrifft, die zunehmenden Klima- und Umweltkrise anzugehen”. Die EBRD wolle mit ihrer “Green Energy Transition” (GET 2021-25) eine “grüne, inklusive und robuste Erholung” bewerkstelligen.Dabei setzte die Bank die Ausweitung ihres Einzugsbereichs ungebremst fort und nahm den Irak als neues Mitgliedsland auf. Auch die Vereinigten Arabischen Emirate haben dem Fachinformationsdienst Devex zufolge schon Interesse bekundet. Das Institut sollte ursprünglich die ehemals kommunistisch regierten Staaten des Ostblocks beim Aufbau von Marktwirtschaften und Mehrparteiensystemen unterstützen. Seitdem hat es seinen Tätigkeitsbereich bis in die Mongolei ausgeweitet, vor allem aber im Nahen Osten und in Nordafrika. Die EBRD nennt die nach dem Arabischen Frühling in den Fokus gerückte Region SEMED, “südliche und östliche Mittelmeerregion”. Jordanien wurde schon Ende 2011 Mitglied – auch ohne Zugang zum Mittelmeer.Nun verabschiedete der Board eine Resolution, in der “das Interesse an einer begrenzten und schrittweisen Expansion ins Afrika südlich der Sahara und in den Irak” bestätigt wird. Der Irak bemühte sich seit 2018 um Aufnahme. In einem weiteren Schritt könnte Irans wichtigster Verbündeter in der Region nun versuchen, den Status eines Förderlandes zu erhalten. Darüber müssten die Anteilseigner separat entscheiden.Südlich der Sahara befinden sich zahlreiche ehemalige Kolonien Frankreichs. Viele wird Renaud-Basso aus ihrer Tätigkeit bei der African Development Bank kennen. In Burkina Faso, Mali, Mauretanien, Niger und Tschad sind seit Jahren französische Truppen gegen islamistische Terrorgruppen im Einsatz.