NOTIERT IN BERLIN

Frauen, Ostdeutsche und andere Minderheiten

Kaum hat das Land Berlin den Internationalen Frauentag am 8. März zum offiziellen Feiertag erklärt - erstmals in diesem Jahr - hagelt es Studien, Ratschläge und Quotenforderungen. Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung konstatierte in einer...

Frauen, Ostdeutsche und andere Minderheiten

Kaum hat das Land Berlin den Internationalen Frauentag am 8. März zum offiziellen Feiertag erklärt – erstmals in diesem Jahr – hagelt es Studien, Ratschläge und Quotenforderungen. Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung konstatierte in einer neuen Untersuchung, die Geschlechterquote in börsennotierten Unternehmen wirke – aber nur im Aufsichtsrat. In den Vorständen der quotengebundenen Unternehmen sind Frauen demnach mit nur 9 % weiterhin gering vertreten. Die IG Metall stellte ebenfalls pünktlich zum Internationalen Frauentag fest, dass das weibliche Geschlecht noch immer benachteiligt sei. Nach einer von der Gewerkschaft beauftragten Forsa-Umfrage halten die Befragten die ungerechte Bezahlung, die wenigen weiblichen Führungskräfte in der Wirtschaft und überhaupt das Berufsleben für die wichtigsten Punkte bei der Ungleichbehandlung. Die Gewerkschaft leitet daraus – kaum überraschend – die Forderung nach Entgelttransparenz, Tarifverträgen und Mitbestimmung ab. Für etwas Entwarnung sorgt das Beratungsunternehmen EY. Nach einer eigenen Untersuchung sind mittelständische Unternehmen mit Blick auf die Frauenquote in der operativen Führung deutlich fortschrittlicher als große Firmen. Zwei Drittel der Mittelständler – mit einer Umsatzgröße zwischen 20 Mill. Euro und 1 Mrd. Euro – haben demnach mindestens eine Frau im Vorstand respektive der Geschäftsführung. Durchgerechnet sind damit immerhin 17 % der Geschäftsführungsmitglieder im Mittelstand weiblich, während es bei Dax-Unternehmen nur 15 % sind, im MDax nur 8 % und im SDax sogar nur 5 %.Die SPD klagt nicht, sie handelt. Zum Internationalen Frauentag verabschiedete sie eine Resolution, in der sich die Partei zu einer geschlechtergerechten Gesellschaft bekennt und am Brandenburger Paritégesetz orientiert: Auf der SPD-Bundesliste zur Europawahl sind nach dem Reißverschlussprinzip abwechselnd Frauen und Männer aufgestellt. Die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen geht noch weiter. Sie fordert ein Paritätsgesetz für den Bundestag: “50 % der Sitze für Frauen, nicht mehr und nicht weniger.” Die Bundesregierung stellte unterdessen auf eine parlamentarische Anfrage der besorgten AfD hin klar, dass sie keine Gesetzesinitiative dazu plane. Ein solches Vorhaben müsse – aus Respekt vor dem Parlament – aus der Mitte des Bundestags kommen. Die AfD sieht das verfassungsrechtliche Gebot der Wahlgleichheit in Gefahr.Eine Quotendebatte ganz anderer Art führt die Fraktion Die Linke im Bundestag. Sie will eine Ost-Quote in Bundesbehörden durchsetzen und verweist auf das Grundgesetzziel des Länderproporzes. Der Antrag der Partei wird nun im Plenum beraten. Beklagt wird, dass es 30 Jahre nach dem Mauerfall kaum Ostdeutsche an der Spitze von Justiz, Hochschulen oder Wirtschaft gebe. Ostdeutsche in Spitzenpositionen wie Bundeskanzlerin Angela Merkel und der frühere Bundespräsident Joachim Gauck zählen bei der Betrachtung womöglich nicht mit. Sicher ist aber, dass die Besetzung von Ämtern bei einer Vielzahl konkurrierender Quoten vor allem eine Aufgabe für Mathematiker sein wird.