Fremdenführer Donald Trump
Diskretion zählt nicht gerade zu den Stärken vieler ehemaliger Stabsmitarbeiter, die zu irgendeinem Zeitpunkt während der Präsidentschaft von Donald Trump im Weißen Haus tätig waren. Schließlich reißt die Serie der sogenannten “Tell all”-Bücher, die im Detail peinliche Einzelheiten über das Chaos rund um den 45. Präsidenten schildern, nicht ab. Nun hat ein weiterer Autor Trump zur Weißglut gebracht.Cliff Sims, seinerzeit Gründer des konservativen politischen Blogs “Yellowhammer”, war vom Tag der Amtseinführung an dabei und arbeitete nach eigener Schilderung bis vergangenen Mai unter Trump. Zuständig war er an der 1 600 Pennsylvania Avenue in Washington für Informationsstrategie. Sims trat schließlich von seinem Posten zurück, weil er angeblich ein leitender Berater von Außenminister Mike Pompeo werden sollte. Dazu kam es aber letztlich nicht, und nun packt der frühere Regierungsangestellte aus.Seit mehreren Tagen macht Sims bei den beliebtesten abendlichen Talkshows die Runde, um für sein Buch “Team of Vipers” (Mannschaft der Giftschlangen) zu werben. Darin beschreibt er unter anderem Trumps Vorliebe dafür, in die Rolle des freiwilligen Fremdenführers zu schlüpfen. Auch in dieser Funktion versteht es der Präsident offenbar, seinen unnachahmlichen Hang zur Selbstdarstellung und zum Eigenlob ebenso wie die Vorliebe für Tatsachenverzerrungen unter Beweis zu stellen.Laut Sims hat der Präsident unzählige Male Gästen angeboten, sie höchstpersönlich in die intimsten Ecken des Regierungssitzes zu begleiten und sie dabei mit Anekdoten unterhalten, die wie so häufig nicht immer der Realität entsprechen. So soll er kürzlich einer Gruppe von Konzernlenkern beim Betreten des traditionsreichen Präsidentenbüros versichert haben, dass “kein anderer Besucher jemals das Oval Office gesehen hat!”, was falsch ist.Mit besonderer Vorliebe begleitet er dann Freunde, Geschäftspartner und Politiker in ein Nebenzimmer des Oval Office. Dorthin soll sich sein Erzrivale, der frühere Präsident Bill Clinton, mehrmals mit Monica Lewinsky zu Schäferstündchen zurückgezogen haben. Seinen Vortrag beginnt er dann mit den Worten: “Wie ich mir habe sagen lassen, haben Bill und Monica hier . . .” Dann grinse der Präsident, demonstriere ungewohnte Selbstdisziplin und widerstehe der Versuchung, auf weitere Einzelheiten einzugehen, heißt es.Krönender Höhepunkt eines Mittagessens oder Dinners mit Senatoren oder Abgeordneten des Repräsentantenhauses ist nicht selten die Frage: “Wollt ihr das Lincoln-Schlafzimmer sehen? Wer kann dazu schon nein sagen!” Niemals fehlen dürfen zahlreiche Hinweise auf die zahlreichen Verbesserungen, zu denen es während der angeblich dringend notwendigen Renovierungsarbeiten kam, die er und First Lady Melania veranlassten. So soll das Privatbad des Präsidenten ihm nicht luxuriös genug gewesen sein. Auch habe er in seinem privaten Esszimmer ein Loch reparieren lassen müssen, welches unter seinem Vorgänger Barack Obama entstanden sein soll. Dieser habe dort “im Fernsehen den ganzen Tag lang Basketball geschaut”. Obama verzichtete wie fast immer auf eine Entgegnung. Ein ehemaliges Stabsmitglied betonte aber, dass Trumps Ausführungen frei erfunden seien.Besonders stolz ist Trump auf die neuen Kronleuchter sowie wertvolle Kunstwerke, unter anderem des französischen Impressionisten Claude Monet. Mit einer Prise Selbstironie zeigt er auf die vielen TV-Geräte im Weißen Haus, die er installieren ließ. Hatte Trump doch bisher bestritten, viel Zeit vor dem Fernseher zu verbringen und vor allem jene “Fake News”-Medien zu verfolgen, gegen die er fast täglich auf Twitter wettert.Auf Twitter zog der Präsident kaum überraschend gegen den Buchautor zu Felde. Sims sei ein Stabsmitarbeiter “auf niedrigem Niveau” gewesen, den er kaum gekannt habe. Zudem bestehe dessen Buch aus “Fiktion” und erfundenen Episoden. Sonderlich glaubwürdig erscheint das nicht. Häufiger als bei anderen Enthüllungsbüchern über das Trump-White-House hat der Verfasser nämlich jede Menge Zeugen zum Reden gebracht, die seine Darstellungen lückenlos bestätigen.