Debatte über EZB-Zinsen

Gemischte Inflationssignale aus Deutschland

Die Inflation in Deutschland und im Euroraum ist zuletzt deutlich zurückgegangen. Wie aber geht es weiter? Wann werden die von der EZB angestrebten 2,0% wieder erreicht? Neue Daten liefern nun gemischte Signale.

Gemischte Inflationssignale aus Deutschland

Gemischte Inflationssignale aus Deutschland

Erzeugerpreise verzeichnen auf Jahressicht Rekordrückgang – Auf Monatssicht wieder Anstieg – EZB-Debatte geht weiter

ms Frankfurt

Neue Preisdaten aus Deutschland haben die Hoffnung verstärkt, dass die nach wie vor zu hohe Inflation in den nächsten Monaten weiter spürbar zurückgehen wird. Zugleich verdeutlichen sie aber auch, dass der Kampf gegen die hohe Teuerung wohl noch nicht gewonnen ist – zumal angesichts zuletzt wieder steigender Energiepreise. Da die Situation im Euroraum als Ganzes sehr ähnlich ist, hält auch die Debatte über die weitere Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) an.

Die Inflation in Deutschland und im Euroraum ist seit Herbst stark zurückgegangen, sie liegt aber immer noch deutlich oberhalb des EZB-Zielwerts von 2,0%. In Deutschland ist sie von EU-harmonisiert 10,4% im Oktober 2022 auf 6,4% im August 2023 gesunken und im Euroraum von 10,6% auf 5,2%. Für die nächsten Monate werden weitere Rückgänge erwartet, aber die 2,0% scheinen auf absehbare Zeit außer Reichweite. Zudem schürt vor allem der Anstieg der Ölpreise Sorgen vor einer zweiten Inflationswelle wie in den 1970er Jahren. Die EZB hat vergangenen Woche ihre Zinsen zum zehnten Mal in Folge erhöht und signalisiert, dass damit der Zinshöchststand erreicht sein könnte; sicher ist das aber nicht.

Am Mittwoch nun wurde bekannt, dass die Erzeugerpreise in Deutschland im August in Rekordtempo zurückgegangen sind. Die Produzenten gewerblicher Produkte verlangten laut dem Statistischen Bundesamt durchschnittlich 12,6% weniger als ein Jahr zuvor. "Das war der stärkste Rückgang der Erzeugerpreise gegenüber einem Vorjahresmonat seit Beginn der Erhebung im Jahr 1949", teilten die Statistiker mit. Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Rückgang in dieser Höhe gerechnet, nachdem es im Juli bereits ein Minus von 6,0% gegeben hatte. Verantwortlich sind vor allem sehr starke Basiseffekte, weil die Preise im August 2022 enorm zugelegt hatten.

"Der Preisdruck auf den vorgelagerten Stufen lässt deutlich nach", sagte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, Alexander Krüger. Auch die Import- und Großhandelspreise sind zuletzt bereits deutlich gesunken. „Der abnehmende Preisdruck im Vorjahresvergleich nährt die Hoffnung, dass sich die Inflation auch auf Konsumentenebene in den kommenden Monaten weiter abschwächt“, sagte Elmar Völker, Senior Fixed Income Analyst der LBBW.

Anders als im Vorjahresvergleich legten die Erzeugerpreise aber im Vormonatsvergleich wieder zu – erstmals nach drei Rückgängen in Folge. Gegenüber Juli legten sie um 0,3% zu. „Der Aufwärtshaken im Vormonatsvergleich mahnt, den Kampf gegen die hohe Inflation nicht voreilig für gewonnen zu erklären“, sagte Völker. „Dies gilt zumal mit Blick auf den jüngsten neuerlichen Anstieg der Ölpreise, welcher Aufwärtsrisiken für die kommenden Monate andeutet.“

EZB-Ratsmitglied Pablo Hernandez de Cos sagte am Mittwoch, dass die Beibehaltung der Zinssätze auf dem derzeitigen Niveau die Inflation wieder auf das Zielniveau bringen könnte – womit er sich den Aussagen anderer Notenbanker anschloss, die zuletzt das Ende der beispiellosen Zinserhöhungskampagne signalisiert hatten. Allerdings gab es zuletzt Stimmen, die weitere Zinserhöhungen nicht ausschließen wollten.

EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta forderte die Regierungen der Euro-Länder auf, mit ihrer Fiskalpolitik die Anstrengungen der EZB zur Bekämpfung der Inflation zu unterstützen. "Geld- und Finanzpolitik sollten zusammenarbeiten, wenn es notwendig ist, etwa als Reaktion auf große Schocks", sagte er am Mittwoch.

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