Günther Oettinger 65
ahe – Im kommenden Jahr neigt sich die lange politische Karriere von Günther Oettinger dem Ende zu. Der nächsten EU-Kommission, die sich nach der Europawahl in der zweiten Jahreshälfte 2019 konstituiert, wird der CDU-Politiker nicht mehr angehören. Und auch bundespolitische Ambitionen in Berlin hegt der frühere baden-württembergische Ministerpräsident (2005 bis 2010) wohl nicht mehr. Das bedeutet aber nicht, dass sich Oettinger, der an diesem Montag seinen 65. Geburtstag feiert, schon auf ein Rentnerdasein vorbereitet – im Gegenteil. Im August kündigte der Schwabe in einem Interview an, nach Ende seiner Brüsseler Zeit noch einmal “etwas Neues in der Privatwirtschaft” anzufangen. Wenn er noch eine weitere Amtszeit in der Kommission absolviere, könne er danach höchstens noch “Präsident des Harmonikaverbands Nordwürttemberg” werden, sagte der Jurist in seiner unnachahmlichen flapsigen Art. Also: “Jetzt oder nie.”In Deutschland manchmal belächelt, hat sich Günther Oettinger in Brüssel großen Respekt erarbeitet. Er war schon EU-Kommissar für Energie (2010 bis 2014), dann für Digitales (2014 bis 2016) und ist seither für Haushalt und Personal zuständig. Als solcher versucht er als seine letzte große Tat noch mit aller Kraft, eine Einigung unter den Mitgliedstaaten über den nächsten mehrjährigen Budgetrahmen für die Zeit nach dem Brexit zu erreichen. Bis zum Ende seiner Amtszeit erscheint dies allerdings wenig realistisch.In Brüssel tritt Oettinger bei vielen Diskussionsrunden, Empfängen oder sonstigen (Abend-)Veranstaltungen auf, um für die europäische Sache zu werben. Seine wie üblich im Staccato-Stil vorgebrachten Reden bei diesen Gelegenheiten sind häufig kurzweilig und zumindest authentisch. Oettinger redet immer frei, auch wenn er – schwäbisch eingefärbt, aber mittlerweile deutlich verbessert – Englisch spricht. Allerdings hat der geschiedene Vater eines Sohnes immer wieder auch mit undiplomatischen und politisch wenig sensiblen Worten Schlagzeilen gemacht – ob 2007 bei der umstrittenen Trauerrede für Hans Filbinger oder 2016 in seiner Rede vor Hamburger Unternehmern, die ihm Rassismus-Vorwürfe einbrachte und wohl den Aufstieg zum Vizepräsidenten der EU-Kommission gekostet hat.Welche Pläne Oettinger noch in der Privatwirtschaft hat, hat er bisher nicht verraten. Der Deutsche Harmonikaverband hat ihm auf jeden Fall auch schon ein Amt angeboten.