Nach dem Verfassungsgerichtsurteil

Haushaltskrise zieht immer größere Kreise

Das Verfassungsgerichtsurteil zum Klimafonds KTF zieht in der Berliner Haushalts- und Finanzpolitik immer größere Kreise. Minister Robert Habeck sieht auch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds betroffen. Der Bundesrechnungshof hält den Bundeshaushalt 2023 für verfassungsrechtlich "äußerst problematisch".

Haushaltskrise zieht immer größere Kreise

Haushaltskrise weitet sich immer mehr aus

Habeck: Wirtschaftsstabilisierungsfonds betroffen – Rechnungshof stellt Budget 2023 in Frage – Union will Nachtragshaushalt

ahe Berlin

Das Verfassungsgerichtsurteil zum Klimafonds KTF zieht in der Berliner Haushalts- und Finanzpolitik immer größere Kreise. Minister Robert Habeck sieht auch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds betroffen. Der Bundesrechnungshof hält den Bundeshaushalt 2023 für verfassungsrechtlich "äußerst problematisch".

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck befürchtet, dass der Karlsruher Richterspruch zur Finanzierung des Klima- und Transformationsfonds (KTF) auch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) gefährden könnte, aus dem unter anderem die Energiepreisbremsen gezahlt werden. "In der Begründung bezieht sich das Urteil, weil es so fundamental gesprochen ist, in der Tat im Grunde auf alle Fonds, die aufgesetzt wurden und die überjährig sind", warnte der Grünen-Politiker am Montag in einem Interview im "Deutschlandfunk". Dies könne auch für die Bürger nun höhere Strom- und Gaspreise bedeuten.

Aus dem WSF flossen in den ersten zehn Monaten 2023 bereits 31 Mrd. Euro. Davon wurden jeweils mehr als 11 Mrd. Euro für die Gas- und die Strompreisbremse genutzt. 4,8 Mrd. Euro kamen für eine Gas-Soforthilfe und 3,7 Mrd. Euro als Zuschüsse für Netzentgelte hinzu. Auch für das nächste Jahr waren eigentlich schon 5,5 Mrd. Euro für die Stabilisierung der Netzentgelte angesetzt worden.

Der Bundesrechnungshof hält nach dem Spruch des Verfassungsgerichts die Bundeshaushalte für dieses und das kommende Jahr "in verfassungsrechtlicher Hinsicht für äußerst problematisch". Das geht aus der Stellungnahme des Rechnungshofs für die Sachverständigenanhörung am Dienstag im Haushaltsausschuss des Bundestags hervor. Den Etat für 2024 in der aktuellen Lage zu beschließen sei riskant, hieß es.

Bei der Anhörung sollen Sachverständige zu den Konsequenzen des Urteils gehört und befragt werden. Auch der Steuerrechtler Hanno Kube von der Universität Heidelberg warnte in seiner vorab veröffentlichten Stellungnahme, dass der vorliegende Entwurf des Haushaltsgesetzes 2024 verfassungswidrig sein könnte. Eigentlich wollte die Ampel-Koalition das Budget noch in dieser Woche beschließen. Offen sei, ob einzelne Posten aus dem Klima- und Transformationsfonds nun in den Kernhaushalt überführt werden müssten, so Kube.

CO2-Preis im Fokus

Die Unionsfraktion im Bundestag forderte erneut, die Haushaltsberatungen für 2024 abzubrechen, und verlangte auch einen Nachtragshaushalt für 2023. Dieser sei unausweichlich, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Mathias Middelberg. Auch der Haushalt 2024 dürfte so, wie er jetzt vorliege, nicht beschlussreif sein. Nach Einschätzung des CDU-Politikers dürften Kreditermächtigungen, die in den Sondervermögen verfassungswidrig für vorlaufende Jahre gebucht waren, sogar verfallen sein: "Insofern besteht massiver Berichtigungsbedarf für die Sondervermögen, aber auch für den Kernhaushalt."

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte als Konsequenz aus dem Haushaltsloch nun einen Stopp des Heizungsgesetzes. Im Haushalt 2024 seien nun dringende Einsparungen notwendig, betonte er gegenüber der Mediengruppe Bayern und verlangte auch eine "Rückabwicklung" des Bürgergelds.

Die Bundesbank erklärte im neuen Monatsbericht, der Staat müsse nun klare Prioritäten setzen. In der Klimapolitik stehe mit CO2-Zertifikaten zudem ein Instrument zur Verfügung, das Klimaschutzziele explizit ins Visier nehme und dabei zugleich Einnahmen liefere. Habeck warnte dagegen, wer das Ausgabenloch allein über höhere CO2-Abgaben bei Sprit, Gas oder Heizöl schließen wolle, müsse die Kosten rasant nach oben treiben. "Natürlich würde es etwas bringen, aber man kann damit nicht eine Lücke von 60 Mrd. füllen, ohne die Preise so hoch zu treiben, dass sehr viele Menschen das Vertrauen in die Politik verlieren würden", warnte der Wirtschaftsminister.

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