Haushaltspolitische Rätsel
Die spöttischen Bemerkungen ließen nicht lange auf sich warten. “Paris Plage ist eröffnet” oder “Paris Plage findet diesmal drinnen statt”, kommentierten französische Internetnutzer auf sozialen Netzwerken wie Twitter die sintflutartigen Regengüsse, die in Frankreichs Hauptstadt Sonntagabend zu Überschwemmungen in mehreren Metro-Stationen führten. Die Idee, dort die Schwimmbecken für die Olympischen Spiele zu installieren, sei ein genialer Marketinggag, witzelte Francescu Garoby. Denn diese Woche verteidigt Paris unterstützt von Präsident Emmanuel Macron in Lausanne vor dem Internationalen Olympischen Komitee seine Kandidatur für die Sommerspiele 2024. Nachdem Paris mit seiner Bewerbung gegen London 2005 für die Ausrichtung der Olympischen Spiele im Sommer 2012 den Kürzeren gezogen hat, macht sich Frankreich diesmal große Hoffnungen.Die können sich auch rund 80 % der französischen Haushalte machen. Denn offenbar will Macron trotz der erforderlichen Haushaltsanstrengungen die von ihm im Wahlkampf versprochenen Steuererleichterungen doch bereits im kommenden Jahr umsetzen. So will er einkommensschwache Haushalte und die Mittelschicht von der Wohnungssteuer befreien und die Vermögensteuer ISF (Impôt de solidarité sur la fortune) so reformieren, dass Investitionen in Unternehmen angekurbelt werden.Die große Furcht Macrons sei, die Franzosen könnten sich an die Amtszeit seines Vorgängers François Hollande mit vielen Steuererhöhungen erinnert fühlen, urteilt die Wirtschaftszeitung “Les Echos”. Deshalb bemühe sich Macron nun, die enttäuschten Reaktionen auf die Grundsatzerklärung von Premierminister Edouard Philippe vergessen zu machen. Philippe hatte darin angekündigt, dass einige steuerpolitische Wahlkampfversprechen angesichts der haushaltspolitischen Lage um einige Monate verschoben würden.Er hatte damit auf einen Bericht des Rechnungshofs reagiert, der in einem Audit der öffentlichen Finanzen gewarnt hatte, dass Frankreich ohne zusätzliche Einsparungen in diesem Jahr erneut die Maastrichter Defizitgrenze von 3 % verfehlen dürfte. Die Regierung Philippes hatte jedoch auch wissen lassen, dass die Erhöhung des allgemeinen Sozialbeitrags CSG wie geplant Anfang nächsten Jahres in Kraft trete, um die von Macron versprochenen Senkungen der Abgaben für Arbeitnehmer zu finanzieren. Gleichzeitig waren Überlegungen der Regierung bekannt geworden, eine Steuer für Lkw einzuführen und die Preise für Zigaretten auf 10 Euro je Päckchen zu erhöhen. Philippe hatte am Samstag zwar Steuererleichterungen über 7 Mrd. Euro für 2018 in Aussicht gestellt, aber auch “ehrgeizige” Kürzungen der öffentlichen Ausgaben versprochen, um das Defizit auf 3 % der Wirtschaftsleistung zu senken.Macron habe aber nun entschieden, die versprochene Befreiung von der Wohnungssteuer und die in Aussicht gestellte Reform der Vermögensteuer ISF doch schon 2018 umzusetzen, bestätigten Regierungsnahe Kreise am Montag den Nachrichtenagenturen Reuters und AFP. Durch die Reform der Vermögensteuer, die künftig nur noch für Immobilienbesitz gelten soll, dürften dem Staat Einnahmen von schätzungsweise 2 Mrd. Euro verloren gehen, während die Befreiung von Steuerzahlern mit einem Einkommen bis zu 20 000 Euro jährlich von der Wohnungssteuer 10 Mrd. Euro pro Jahr kosten dürfte. Die Wohnungssteuer kam bisher den Gebietskörperschaften zugute. Die Regierung muss nun mit ihnen beraten, wie die ihnen dadurch entgehenden Einnahmen ausgeglichen werden sollen.Bereits fest steht, dass der Verkauf von staatlichen Minderheitsbeteiligungen an Unternehmen aus wettbewerbsfähigen Branchen ab September 10 Mrd. Euro einbringen soll, um Innovationen zu finanzieren. Seit Wirtschaftsminister Bruno Le Maire dies bestätigte, spekulieren Marktteilnehmer, um welche Unternehmen es sich dabei handeln wird. Die Glücksspielgesellschaft Française des Jeux (FDJ) und der Flughafenbetreiber Aéroports de Paris (ADP) gelten als potenzielle Kandidaten, da Macron bereits während seiner Amtszeit als Wirtschaftsminister für eine Verringerung der staatlichen Anteile an ihnen eingetreten ist. Der Staat hält 72 % des Kapitals von FDJ und 50,6 % an ADP.