Herausforderndes Terrain
Dass der Internationale Währungsfonds (IWF) alle paar Monate seine Prognosen für das Weltwirtschaftswachstum aktualisiert, ist gang und gäbe. Einzigartig ist seit dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie aber das Ausmaß der Schwankungen – 1,2 Prozentpunkte für die USA bzw. 0,8 für Deutschland sind schon gewaltige Absenkungen. Denn die vorherige Prognose stammt lediglich aus dem Oktober. Die hohe Volatilität spiegelt deutlich wider, wie groß die Unsicherheit inmitten einer historischen Pandemie ist, die länger andauert, als die meisten Menschen Anfang 2020 für möglich gehalten hätten.
Der Konjunkturoptimismus, der herrschte, bevor sich die Omikron-Variante wie ein Lauffeuer verbreitete, ist der ernüchternden Einsicht gewichen, dass präzise Voraussagen im aktuellen Umfeld praktisch unmöglich sind. Mit der Prognose eines recht soliden, wenn auch abgeschwächten Wachstums wird der IWF aber dennoch nicht allzuweit danebenliegen. Denn bislang haben sich die Krankheitsverläufe und damit die wirtschaftlichen Folgen von Omikron als milder erwiesen als bei früheren Varianten. Das sagt indes nichts über künftige Mutationen aus, die vielleicht wieder strengere Kontaktbeschränkungen nach sich ziehen und sich damit auch als stärkere Wachstumsbremse erweisen könnten.
Als ebenso schwierig erweist sich die Voraussage über den weiteren Verlauf der hohen Inflationsraten. Für lange Zeit hatten die meisten Experten diese lediglich für temporär gehalten. Das wiederum erwies sich als Trugschluss und führte bei der US-Notenbank zu einem Kursschwenk, der dieses Jahr zu einem Ende der Anleihekäufe, mehreren Zinserhöhungen und schließlich dem Beginn des Bilanzabbaus führen dürfte.
Dabei bleibt angesichts der zahlreichen Unwägbarkeiten völlig unklar, wie deutlich die Fed und auch andere Notenbanken ihren geldpolitischen Kurs werden verschärfen können. Die US-Konjunktur leidet beispielsweise unter der Dysfunktionalität des Kongresses, der außer Stande ist, überparteiliche Kompromisse zu erzielen – wie etwa derzeit zum Sozial- und Klimagesetz von US-Präsident Joe Biden.
Doch nicht nur für die USA gilt: Jedes Land hat spezifische Problemfelder, die es zu bearbeiten gilt. Alle Volkswirtschaften verbindet aber die Pandemie als gemeinsamer Nenner. Durchaus zutreffend stellt der Währungsfonds daher fest, dass globale Anstrengungen zur Bekämpfung der Pandemie verstärkt werden müssen und eine gemeinsame Gesundheitsstrategie, die den wirtschaftlichen Schaden minimiert, unverzichtbar ist.