Geldpolitik

Hunt nimmt Bank of England in Schutz

Der britische Schatzkanzler Jeremy Hunt hat sich hinter die Bank of England gestellt. Er würde eine Rezession in Kauf nehmen, um der Inflation ein Ende zu setzen, sagte er. Derweil wird die Kritik an der Notenbank immer lauter – auch von renommierten Wirtschaftsforschern.

Hunt nimmt Bank of England in Schutz

Hunt nimmt Bank of England in Schutz

Schatzkanzler würde zur Inflationsbekämpfung Rezession in Kauf nehmen – Heftige Kritik von Wirtschaftsforschern

Der britische Schatzkanzler Jeremy Hunt hat sich hinter die Bank of England gestellt. Er würde eine Rezession in Kauf nehmen, um der Inflation ein Ende zu setzen, sagte er. Derweil wird die Kritik an der Notenbank immer lauter. Sie kommt mittlerweile auch von renommierten Wirtschaftsforschern.

hip London

Der britische Schatzkanzler Jeremy Hunt hat der Bank of England den Rücken gestärkt, die mit ihren Zinsschritten der Inflation offenbar nicht Einhalt gebieten kann. Dabei versuchte er zugleich, ein wenig Abstand von Premierminister Rishi Sunak zu gewinnen, der den Wählern versprochen hatte, die Teuerungsrate im weiteren Jahresverlauf zu halbieren. Er würde auch eine Rezession in Kauf nehmen, sagte Hunt dem Sender Sky News, denn Inflation sei eine Quelle der Instabilität. „Und wenn wir Wohlstand haben, die Wirtschaft wachsen lassen und das Rezessionsrisiko verringern wollen, müssen wir die Bank of England bei den schwierigen Entscheidungen, die sie trifft, unterstützen“, sagte Hunt.

Die jüngsten Inflationsdaten hatten die Kritik an der Notenbank erneut aufflammen lassen. Ihr wurde bereits zuvor vorgeworfen, die Teuerung zu lange als vorübergehendes Phänomen abgetan zu haben. Notenbankchef Andrew Bailey gab vor dem Finanzausschuss des Unterhauses zu, dass man „ein paar große Lektionen“ dazu zu lernen habe, wie man in Phasen großer Ungewissheit Geldpolitik betreiben sollte. Er betonte allerdings zugleich, dass die Notenbank mit „nie dagewesenen“ Schocks konfrontiert worden sei.

Anleihenrenditen ziehen an

Die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen (Gilts) näherten sich nach Veröffentlichung der Inflationsdaten ähnlichen Werten wie nach der Vorstellung der Wachstumspläne von Liz Truss, der glücklosen Vorgängerin von Sunak, durch ihren Schatzkanzler Kwasi Kwarteng im Herbst vergangenen Jahres. Damals sorgte vor allem die nicht gegenfinanzierte Subventionierung der Energierechnungen privater Haushalte für Unruhe am Bondmarkt. Die Notenbank musste schließlich Stützungskäufe tätigen, um eine Pensionsfondskrise zu vermeiden. Die Altersvorsorgeanbieter hatten sich an Derivatestrategien verhoben.

Nun steht am Markt die Frage im Vordergrund, ob die Bank of England die Lage noch im Griff hat. Im April war die sogenannte Kernrate der Inflation von 6,1% auf 6,8% gestiegen – trotz der zwölf Zinsschritte seit Dezember 2021. Allein die sinkenden Energiepreise sorgten dafür, dass die Teuerungsrate (+8,7%) nur noch einstellig stieg. Sowohl die Notenbank als auch die Volkswirte der privaten Banken waren davon ausgegangen, dass der Preisauftrieb wesentlich stärker abnehmen würde. Am Markt werden mittlerweile für dieses Jahr weitere Zinsschritte auf bis zu 5,5% eingepreist. Prompt nahmen Hypothekenanbieter die Zinsen für Wohnimmobilienfinanzierungen nach oben. Die Nationwide Building Society forderte am Freitag bis zu 45 Basispunkte mehr. Der Website Moneyfacts zufolge werden für eine zweijährige Festzinshypothek branchenweit im Schnitt 5,35% verlangt, für eine fünfjährige Festzinshypothek 5,02%.

Nun hat es die Bank of England nicht mehr nur mit Kritik aus den Reihen der Tories zu tun. Jagjit Chadha, der Direktor des Nationalen Instituts für Wirtschafts- und Sozialforschung (NIESR), das sich meist auf einer Linie mit Schatzamt und Notenbank befindet, nahm in einem Gastbeitrag für die „Financial Times“ kein Blatt vor den Mund. Die Bank of England müsse ihre Ressourcen darauf konzentrieren, die Inflation zu begreifen. Vielleicht sei es angezeigt, dem „Geldpolitischen Bericht“ wieder seinen alten Namen zu geben: Inflationsbericht. „Inflation ist weder temporär noch permanent“, schrieb Chadha. „Sie wird von der Zentralbank kontrolliert.“ Man benötige dringend „die richtige Erzählung“, um mit Marktteilnehmern und Haushalten zu kommunizieren. Und man müsse davon wegkommen, nur ein Modell und eine Prognose zu verfolgen. Chadha forderte die Zusammenlegung des geldpolitischen Komitees (MPC) mit dem Finanzstabilitätskomitee. „Es gibt die Wahrnehmung, dass die Bank of England seit der Finanzkrise vom Schatzamt übernommen wurde“, schrieb der renommierte Volkswirt. Externe und interne MPC-Mitglieder würden von dort ernannt. „Die Notenbank liefert zunehmend einen Ruhesitz für ehemalige Beamte des Schatzamts.“

Jeremy Hunt
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