Ifo-Index signalisiert Abkühlung

Barometer fällt drittes Mal in Folge - 0,3 Prozent Wachstum im Schlussabschnitt angedeutet

Ifo-Index signalisiert Abkühlung

Die Anzeichen, dass der deutschen Konjunktur härtere Zeiten bevorstehen als bislang gedacht, verdichten sich. Im November hat sich die Stimmung auf den Chefetagen weiter abgekühlt. Der Ifo-Geschäftsklimaindex notiert aber weiter auf einem Niveau, das für positive Wachstumsraten steht.ba Frankfurt – Die Stimmung in den deutschen Unternehmen hat sich im November zum dritten Mal in Folge eingetrübt. Dies ist normalerweise ein Zeichen für eine konjunkturelle Trendwende. Doch auch wenn der Ifo-Geschäftsklimaindex im November stärker als erwartet gesunken ist und die Gewinne des Zwischenhochs vom Sommer damit wieder aufgezehrt sind, halten Ökonomen an ihrer Einschätzung fest, dass der Aufschwung nur an Dynamik verliert, aber noch nicht zu Ende geht. Sie verweisen unisono auf das immer noch hohe Niveau sämtlicher Teilindikatoren.Im November ist das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer um 0,9 auf 102,0 Punkte gefallen. Ökonomen hatten zwar einen Rückgang erwartet, zumal die Vorgaben vonseiten anderer Stimmungsindikatoren wie der ZEW-Umfrage und des Einkaufsmanagerindex negativ waren, hatten allerdings im Schnitt einen Wert von 102,3 Zählern auf der Rechnung. Zu dem Rückgang hat wie schon im vergangenen Monat vor allem die deutlich gefallene Erwartungskomponente beigetragen, aber auch die aktuelle Lage wurde weniger rosig gesehen als im Oktober – wenn auch “ausgehend von einem noch hohen Niveau”, wie Ifo-Präsident Clemens Fuest betonte. Zusammen mit anderen Indikatoren deute dies auf ein Wirtschaftswachstum von allenfalls 0,3 % im vierten Quartal hin. Im dritten Quartal ist das reale Bruttoinlandsprodukt erstmals seit dreieinhalb Jahren geschrumpft. Da das BIP-Minus von 0,2 % vor allem auf die Probleme der Automobilindustrie bei der Umstellung auf das strengere Abgasprüfverfahren WLTP zurückgeführt wird, erwarten Experten einen Nachholeffekt. Allerdings mehren sich die skeptischen Stimmen, ob es angesichts der zahlreichen politischen Unsicherheiten wirklich in dem bislang erwarteten Ausmaß dazu kommt.”Die deutsche Konjunktur kühlt ab”, kommentierte Fuest das Ergebnis der monatlichen Umfrage unter 9 000 Unternehmen aus verarbeitendem Gewerbe, Handel, Bauhauptgewerbe und Dienstleistungssektor. “Die deutsche Wirtschaft wird im Gesamtjahr mit Sicherheit nur um 1,5% wachsen”, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe im Reuters-Interview. Die Bundesregierung ist mit ihrer Prognose von 1,8% noch deutlich optimistischer. Dazu müsste das BIP im Schlussabschnitt aber um 1,3 % steigen.”Die fetten Jahre (. . .) sind erst einmal vorbei, die Zeichen stehen auf Wachstumsmoderation”, sagte Stefan Große von der Nord/LB. KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner verweist darauf, dass ein BIP-Plus von 1,6 %, das er für das laufende und auch das kommende Jahr erwartet, “in etwa unserem Wachstumspotenzial entspricht”. Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank, empfiehlt der deutschen Wirtschaft “Augen zu und durch”, denn die gute Beschäftigungssituation und die niedrigen Zinsen sprächen für eine stabile Binnenwirtschaft. So hat sich auch der hauptsächlich von der Binnennachfrage abhängige Dienstleistungssektor “weiterhin sehr gut geschlagen, was gegen ein Ende des Aufschwungs spricht”, meinte Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen. Der Blick auf die Details zeige, dass “die Schwäche der vergangenen Monate eindeutig aus der Industrie kommt” und wohl eher auf externe Faktoren zurückzuführen sei. Angesichts aller politischen Unsicherheitsfaktoren wie Brexit, Handelsstreitigkeiten, kriselnde Schwellenländer und härtere Sanktionen gegen Saudi-Arabien mit möglichen Gegenreaktionen mache es “derzeit keine Freude, nach vorne zu blicken”, sagte DekaBank-Ökonom Andreas Scheuerle. Risiken und Unsicherheiten ließen Unternehmen bei Investitionen und Beschäftigung vorsichtiger agieren. “Die Wirtschaft braucht klare Ansagen, und die fehlen im Moment”, unterstrich Ifo-Experte Wohlrabe.Christiane von Berg von der BayernLB sieht im ersten Rückgang der “überschwänglichen Stimmung im Bau” seit Juni Anzeichen dafür, “dass die Binnenwirtschaft die Gesamtwirtschaft nicht mehr in dem Maße stabilisieren kann, wie sie dies zuletzt getan hat”. Als einzigen Lichtblick macht sie den Einzelhandel aus.