Ifo-Klima fällt auf historisches Tief
Die Stimmung in den deutschen Chefetagen ist im April katastrophal – das Ifo-Geschäftsklima ist wegen der Corona-Pandemie und der ergriffenen Schutzmaßnahmen in einem noch nie dagewesenen Tempo auf ein historisches Tief gerutscht. Die bislang erhoffte baldige Erholung der Wirtschaft rückt in die Ferne. ba Frankfurt – Zum Start des zweiten Quartals ist das Geschäftsklima hierzulande wegen der Corona-Pandemie und der ergriffenen Schutzmaßnahmen auf ein historisches Tief eingekracht – und dies in einer bislang ebenfalls nie dagewesenen Geschwindigkeit. Damit signalisiert das wichtigste Frühbarometer der wirtschaftlichen Entwicklung hierzulande ebenso wie der am Vortag veröffentlichte Einkaufsmanagerindex, dass der Lockdown zu einem scharfen Einbruch auf breiter Front geführt hat: Sämtliche Wirtschaftsbereiche sind gleichermaßen betroffen. Wann und mit welcher Geschwindigkeit eine Erholung einsetzt, hängt maßgeblich vom weiteren Verlauf der Corona-Pandemie ab. Frühestens zur Jahresmitte könnte es besser werden, befürchten Ökonomen.”Die Coronakrise trifft die deutsche Wirtschaft mit voller Wucht”, kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest den Absturz des Ifo-Geschäftsklimaindex im April um 11,6 auf 74,3 Punkte. Das bisherige Allzeittief von 80,0 Zählern stammt aus der Finanzkrise im Jahr 2009. Ökonomen hatten nach dem starken Einbruch vom März zwar mit einem weiteren Rückgang gerechnet, wurden von dem kräftigsten jemals gemessenen Monatsminus allerdings überrascht – im Schnitt hatten sie einen Indexwert von 79,7 Punkten erwartet. Stimmung “katastrophal””Die Stimmung unter den deutschen Unternehmen ist katastrophal”, betonte Fuest. Insbesondere die massive Verschlechterung der aktuellen Lage (- 13,4 auf 79,5 Punkte) habe zu dem Rückgang geführt. Die Unternehmen blickten zudem noch nie so pessimistisch auf die kommenden Monate (- 10,1 auf 69,4 Indexzähler), analysierte der Chef des Münchener Ifo-Instituts. Der Einbruch zeigte sich dabei in allen Branchen, auch im lange Zeit boomenden Bausektor. Im verarbeitenden Gewerbe, in dem sich zu Jahresbeginn noch eine Bodenbildung nach den Belastungen wegen der globalen Handelskonflikte und der Brexit-Wirren abgezeichnet hatte, ist der Geschäftsklimaindex auf den niedrigsten Wert seit März 2009 gefallen. “Die Nachfrage nach Industrieprodukten ist eingebrochen”, erklärte Fuest. Im Dienstleistungssektor, der besonders von den Schutzmaßnahmen betroffen ist, ist der Geschäftsklimaindex auf ein Rekordtief von – 34,2 Punkten gefallen. Besserung noch nicht in SichtFrühestens ab der Jahresmitte werde es Anzeichen einer Erholung geben, wie Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe am Freitag im Reuters-Interview sagte. Im laufenden zweiten Quartal werde es wegen der Maßnahmen zur Pandemie-Eindämmung einen “massiven Einbruch” der Wirtschaftskraft geben. Das Ausmaß sei aber noch nicht genau zu beziffern. Die Münchener Forscher erarbeiteten derzeit eine Prognose dazu. “Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) für das zweite Quartal wird grottenschlecht ausfallen”, erwartet Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Stefan Kipar von der BayernLB leitet – sofern die Indikatoren im zweiten Quartal auf dem derzeitigen Niveau bleiben – aus dem Ifo-Geschäftsklima eine Wachstumsrate von – 4,1% und aus dem Einkaufsmanagerindex von – 3,0 % auf Quartalsbasis her. Bantleon-Ökonom Jörg Angelé erwartet gar einen Einbruch des BIP um 15 % im laufenden Quartal, KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib rechnet mit einem Minus in der Bandbreite von 10 bis 15 %.Bislang hatten Optimisten mit einem raschen Wiederanspringen der Konjunktur gerechnet, mittlerweile zeichnet sich aber ab, “dass die Schutzmaßnahmen wohl weiter zum Alltag gehören und die wirtschaftliche Entfaltung hemmen”, wie Alexander Krüger, Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe, sagte. Auch bei wichtigen Handelspartnern, etwa Frankreich, Italien und den USA, sei die Lage noch sehr angespannt, was den grenzüberschreitenden Warenverkehr weiter dämpfen dürfte. Eine V-förmige Erholung deute sich damit weiter nicht an. Dieser Ansicht ist auch Ifo-Experte Wohlrabe. Er erwartet eine “zweite Welle”, die hinterherkomme. So werde die Arbeitslosigkeit steigen. Zudem fielen Einkommen weg. “Das wird sich dann irgendwann auch im Konsum bemerkbar machen.” Aus Angst vor Jobverlust und geringerem Einkommen infolge der Kurzarbeit ist die Kauflaune der deutschen Verbraucher bereits auf einem historischen Tief: das GfK-Konsumklima für Mai wird mit – 23,4 Punkten prognostiziert (vgl. BZ vom 24. April).In den nächsten Monaten könnte die Zahl der Arbeitslosen infolge der Corona-Pandemie auf mehr als 3 Millionen klettern, wie das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit (IAB) in seinem Online-Magazin schreibt. Die Kurzarbeit werde noch stärker zunehmen – Mitte April gebe es etwa 5 Millionen Kurzarbeiter.