Multinationale Konzerne

Ifo prophezeit Deutschland geringe Mehreinnahmen aus der globalen Unternehmenssteuerreform

Mehr Steuereinnahmen sollte die globale Mindestbesteuerung für multinationale Konzerne bringen. Das Ergebnis für Deutschland fällt nach einer neuen Berechnung des Ifo-Instituts nur mager aus.

Ifo prophezeit Deutschland geringe Mehreinnahmen aus der globalen Unternehmenssteuerreform

OECD-Reform bringt Deutschland etwas mehr Einnahmen

Ifo-Institut senkt seine Schätzung deutlich – Zusätzlich 2,4 bis 3,4 Mrd. Euro Steuerplus im Jahr erwartet

wf Berlin

Der deutsche Fiskus wird von der Umsetzung der OECD-Reform zur globalen Unternehmensbesteuerung nur überschaubar profitieren. Dies geht aus einer Kurzexpertise des Ifo-Instituts für das Bundesfinanzministerium zu den fiskalischen Auswirkungen der unter mehr als 140 Ländern vereinbarten Reform hervor. “Unseren Schätzungen zufolge wäre Deutschland zwar Reformgewinner”, erklärte Florian Neumeier, Leiter der Ifo Forschungsgruppe für Steuer- und Finanzpolitik. “Der Zuwachs an Steuereinnahmen fällt jedoch eher mäßig aus.“

Nach der Analyse des Wirtschaftsforschungsinstituts kann Deutschland mit zusätzlichen Steuereinnahmen von 2,4 bis 3,4 Mrd. Euro im Jahr rechnen. Die Steuerschätzer erwarten in diesem Jahr insgesamt 921 Mrd. Euro und 2024 rund 962 Mrd. Euro Einnahmen. Kapitalgesellschaften zahlen 2024, wenn ein Teil der Reform in Kraft tritt, rund 48 Mrd. Euro Körperschaftsteuer. Hinzu kommen 74 Mrd. Euro Gewerbesteuer für Unternehmen. Untersucht wurden vom Ifo-Institut erstmals die Effekte beider Säulen der in der OECD entwickelten Reform. Die Einführung der globalen Mindeststeuer mit einem Satz von 15% – die Säule 2 – brächte Deutschland nach Ifo-Berechnung Steuermehreinnahmen zwischen 1,5 und 1,7 Mrd. Euro. Das Ifo unterstellt dabei, dass die multinationalen Konzerne weniger Gewinne in Niedrigsteuerländer verlagern. „Durch die neusten Einigungen um die Details zur globalen Mindeststeuer gehen wir davon aus, dass die zusätzlichen Steuereinnahmen sich am unteren Rand unserer ursprünglichen Schätzungen bewegen“, erklärt Neumeier. Im Frühjahr 2022 gingen die Forscher noch von einer Spanne zwischen 1,6 und 6,2 Mrd. Euro an Mehreinnahmen aus.

Gesetzgebung wird vorbereitet

Die Vorbereitungen für die Gesetzgebung hierzulande laufen. Das Bundesfinanzministerium hat einen Referentenentwurf zur Umsetzung der europäischen “Richtlinie zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union” vorgelegt. Länder und Verbände haben bereits Stellung genommen. Als nächsten Schritt auf dem Weg der Gesetzgebung muss der Entwurf das Kabinett passieren. Dies dürfte noch im Sommer geschehen.

Neue Besteuerungsrechte

Die Forscher untersuchten erstmals auch die Auswirkungen der Neuverteilung von Besteuerungsrechten zwischen den Ländern. Dies ist die Säule 1 der OECD-Reform. Deutschland würde daraus 850 Mill. Euro bis 1,7 Mrd. Euro mehr Steuern im Jahr einnehmen. Ausschlaggebend dafür sei, ob die neu verteilten Gewinne mit 15% oder mit 30% besteuert würden. Zu diesem Teil der Reform gibt es noch keine internationale Einigung. Zuletzt war im Juli in der OECD vereinbart worden, weitere zwölf Monate bis Ende 2025 von der Einführung nationaler Digitalsteuern abzusehen. Fünf Länder – Kanada, Russland, Belarus, Pakistan und Sri Lanka – tragen dies allerdings nicht mit. Mit der Stillhaltevereinbarung ist die Hoffnung verbunden, auch bei Säule 1 zu einem Durchbruch zu kommen. Neu geordnet werden sollen die Besteuerungsrechte zwischen Sitz- und Marktländern, um weltweit die Einführung unterschiedlicher Digitalsteuern zu verhindern. Tech-Unternehmen – viele sitzen in den USA – müssen für ihre Aktivitäten keine Betriebsstätte am Absatzort haben, wo die Besteuerung ansetzt. Damit entgeht bei digitalen Geschäftsmodellen den Marktländern Steuersubstrat. Viele Länder hatten als Reaktion darauf nationale Digitalsteuern vorbereitet.

In der Aufkommensschätzung berücksichtigt das Ifo-Institut nicht, dass sich Unternehmen etwa durch Aufspaltung der Besteuerung entziehen. Dann würden die Einnahmen geringer ausfallen. Die globale Mindeststeuer erfasst Unternehmensgruppen mit einem globalen konsolidierten Umsatz von mindestens 750 Mill. Euro. Die Besteuerung der Säule 1 betrifft Unternehmen mit einer weltweiten Umsatzprofitabilität von mehr als 10% und die global mehr als 20 Mrd. Euro umsetzen. In Deutschland waren dies von 2016 bis 2021 neun Unternehmen. Fast 40% oder 59 Unternehmensgruppen dieser Kategorie hatten ihren Sitz in den USA.

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