NOTIERT IN MAILAND

In Bologna lebt es sich besser als in Mailand

Mailand steht nicht nur für Wirtschaftskraft, schöne Mode und schlechte Luft. Die auf den ersten Blick graue norditalienische Wirtschaftsmetropole und Hauptstadt der Lombardei war 2018 und 2019 auch die Stadt mit der höchsten Lebensqualität im Land...

In Bologna lebt es sich besser als in Mailand

Mailand steht nicht nur für Wirtschaftskraft, schöne Mode und schlechte Luft. Die auf den ersten Blick graue norditalienische Wirtschaftsmetropole und Hauptstadt der Lombardei war 2018 und 2019 auch die Stadt mit der höchsten Lebensqualität im Land – zumindest wenn es nach dem Ranking der (Mailänder!) Wirtschaftszeitung “Il Sole 24 Ore” geht. Sie führt diese Untersuchung seit 31 Jahren durch und hat sie ständig verfeinert. Berücksichtigt werden inzwischen 90 Kriterien aus den Bereichen Konsum und Reichtum, Arbeitswelt, Umwelt, Demografie und Gesundheitswesen, Justiz und Sicherheit sowie Kultur und Freizeit.Corona hat die viel beachtete Rangliste 2020 kräftig durcheinandergewirbelt. Die Provinz Mailand rutschte 2020 um elf Plätze auf Rang zwölf ab. Andere Großstädte der Region – etwa Cremona, Bergamo oder Piacenza – verloren noch viel stärker an Boden. Nummer 1 ist jetzt Bologna. Auch viele andere Städte der fruchtbaren Emilia-Romagna in der weiten Po-Ebene lagen weit vorn. Sie profitierten von ihrer zentralen Lage, hohen Einkommen, einer stabilen Wirtschaft, einem eingespielten System und effizienter Hilfen. Ähnliche Faktoren bestätigten das Südtiroler Bozen erneut auf Platz 2 und das nur 60 Kilometer südlich gelegene Trient als die Nummer 3.Die Lombardei ist zwar nach wie vor in puncto Wirtschaftskraft, Lebensstandard, Dienstleistungsangebot und Verkehrsanbindung gut im Rennen. Doch die Region war besonders stark von der ersten Coronaviruswelle betroffen – mit vielen Ansteckungen, einem überraschenderweise schnell überforderten Gesundheitswesen und vielen Todesfällen.Auch Kulturzentren wie Venedig, Rom, Florenz oder Neapel, die unter dem massiven Einbruch des Tourismus leiden, rutschten in der Rangliste stark ab – genauso wie Touristenzentren am Meer, etwa Rimini oder Siracusa. Zu den Gewinnern gehörten dagegen Ligurien mit Genua, aber auch Verona und Udine.Süditalien rangiert ganz hinten in der Rangliste – trotz niedriger Coronazahlen während des Lockdowns im Frühjahr, als viele Norditaliener in den Süden “flüchteten”. Süditalien leidet unter der oft schlechten Verkehrs- und Internet-Anbindung, einer geringen Wirtschaftskraft, einem schlechten Gesundheitssystem und einer sehr niedrigen Geburtenrate.Auch ländliche Regionen gehören häufig zu den Verlierern. Sie sind oft schlecht angebunden, haben vor allem im Süden keine Arbeitsplätze zu bieten und leiden unter dem Exodus der Jüngeren. Es gibt auch positive Entwicklungen. Matera in der Basilicata hat sich dank innovativer Start-ups gut entwickelt. Digitale Technologien bieten neue Chancen.Telecom Italia engagiert sich, zusammen mit Start-ups, Laboratorien oder Universitäten, um die digitale Kluft im Land zu überwinden. Zusammen mit den Agrarverbänden Coldiretti und Confagricoltura etwa gibt es eine Initiative in der berühmten piemontesischen Weinbauregion Barolo. Im Weingut Voerzio Martini, in La Morra in den Langhe, überwachen Drohnen mit Hilfe von künstlicher Intelligenz Weinparzellen. Der Betrieb erhält in Echtzeit Informationen über Temperaturen, Zustand der Pflanzen oder Feuchtigkeit und kann entsprechend gezielt reagieren. Das erlaubt einen passgenauen und damit effizienteren, aber auch ökologischeren Einsatz von Bewässerung, Düngemitteln oder anderer Eingriffe. Auch der richtige Zeitpunkt für die Weinlese kann so besser bestimmt werden.Ähnliche Initiativen gibt es in der Basilicata. Nach Ansicht von TIM lässt sich so die Qualität der landwirtschaftlichen Produkte verbessern und die Nachverfolgbarkeit von Produkten “made in Italy” sicherstellen. Vielleicht helfen solche Initiativen, den in vielen Regionen beängstigenden Bevölkerungsrückgang zu stoppen. Teilweise sind ganze Landstriche entvölkert, nutzbare Flächen zugewuchert und viele Orte entweder nur noch von alten Menschen bevölkert oder gar aufgegeben worden.Die nächste Rangliste der Zeitung “Il Sole 24 Ore” dürfte neue Überraschungen bergen. Denn die zweite Welle der Coronavirus-Pandemie hat diesmal neben der Lombardei auch die Emilia-Romagna, Venetien, Ligurien, das Trentino und Südtirol stark getroffen.