Brexit wirkt sich nicht negativ auf Handel mit EU aus
Brexit wirkt sich nicht negativ auf Handel mit EU aus
Institute of Economic Affairs wendet sich gegen "falsches Narrativ" – Haushaltshüter erwarteten weniger Wachstum
hip London
Der britische Handel mit der EU hat einer aktuellen Studie zufolge durch den Austritt Großbritanniens aus der Staatengemeinschaft nicht wesentlich gelitten. "Ein falsches Narrativ, demzufolge der Brexit dem britischen Außenhandel geschadet hat, ist mittlerweile fest in der britischen Psyche verankert", sagte die Volkswirtin Catherine McBride vom Institute of Economic Affairs. "Das stimmt aber einfach nicht. Die Daten zeigen es nicht. Genauso falsch ist die Vorstellung, dass handelspolitische Spannungen den Handel zwischen Großbritannien und der EU verringert hätten."
Großkonzerne als Hauptakteure
Der Großteil des Handels mit der Staatengemeinschaft werde von multinationalen Konzernen betrieben, die es schafften, Güter in der ganzen Welt zu verkaufen, ohne dass ihnen der Papierkram zu viel werde, erklärte die Ökonomin der konservativen Denkfabrik. "Die britischen Medien gehen aber irgendwie davon aus, dass diese Firmen zu dumm sind, um mit zusätzlichen EU-Formalitäten fertigzuwerden."
Die britischen Güterexporte in EU-Länder sind ihrer Studie zufolge zwischen 2019 und 2022 um 13,5% gestiegen. In Nicht-EU-Länder legten sie um 14,3% zu. Das belege, dass der Brexit keinen Einfluss auf den Warenhandel gehabt habe. Die Exporte von Dienstleistungen in EU-Länder wuchsen im gleichen Zeitraum um 14,8%. In Nicht-EU-Länder nahmen sie um 22,8% zu.
Die unabhängigen Haushaltshüter des Office for Budget Responsibility (OBR) waren dagegen davon ausgegangen, dass die Handelsvolumina wegen Brexit-bedingter Hemmnisse um 15% einknicken und die britische Volkswirtschaft infolgedessen auf lange Sicht um 4% schrumpfen wird. Grundlage der Vorhersagen waren vor dem Austritt erstellte Modelle.
Sieben Jahre nach der Volksabstimmung für den Brexit und drei Jahre nach dem Wirksamwerden des EU-Austritts habe es keinen scharfen Rückgang des Handels mit der Staatengemeinschaft gegeben – weder in der aggregierten Betrachtung noch mit Blick auf einzelne Branchen. Faktoren wie die Pandemie, steigende Energiepreise und neue Ursprungsregeln hätten bestimmte Handelsmuster stärker beeinflusst.
"Echte Fehler"
Dass Prognosen nicht immer dem entsprechen, was tatsächlich eintritt, ist nicht zu vermeiden. Im vergangenen Monat hatten die Ökonomen des OBR mit Blick auf ihre volkswirtschaftlichen Vorhersagen "echte Fehler" zugegeben. Bei der Neuverschuldung für September lagen sie erneut daneben. Sie bewegte sich deutlich unter ihrer Schätzung.
Wirtschaftsministerin Kemi Badenoch griff die Studie in ihrer Rede auf der International Trade Week auf. "Im Gegensatz zu einigen Medienberichten und vielen Stimmen aus dem britischen Establishment vor dem Brexit zeigen die Daten, dass der Brexit keinen wesentlichen Einfluss auf den Handel mit der EU hatte", sagte Badenoch. "Der Handel mit der EU bewegte sich mehr oder weniger im Einklang mit dem Handel mit Nicht-EU-Ländern." Auch das Statistikamt ONS werde bestätigen, dass sich die Warenexporte wieder auf den vor Brexit und Pandemie erreichten Niveaus bewegten.
Das ONS hatte Ende August seine Angaben zum Wirtschaftswachstum deutlich nach oben revidiert. Demnach bewegte sich das Bruttoinlandsprodukt bereits im Schlussquartal 2021 um 0,6% über Vor-Covid-Niveau. Zuvor war man davon ausgegangen, dass es um 1,2% darunter lag. Demnach erholte sich das Land schneller als Deutschland von der Pandemie.