Konjunktur

Investitionsverhalten bereitet Sorgen

Experten erwarten, dass mit Auslaufen der Omikronwelle die Wirtschaft wieder in Schwung kommt. Es mehren sich aber die Sorgen, dass zu wenig investiert wird. Der Bankenverband BVR will Abhilfe.

Investitionsverhalten bereitet Sorgen

ba Frankfurt

Die deutsche Wirtschaft startet eher verhalten ins neue Jahr, doch sind die Konjunkturexperten weiter recht zuversichtlich, dass mit dem Abklingen der Omikronwelle der Turbo wieder zündet. Allerdings steigt die Besorgnis, dass zu wenig investiert wird, damit ein sogenannter selbst tragender Aufschwung einsetzt.

Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) erwartet, dass die Bruttoanlageinvestitionen im ersten Quartal 2022 im Quartalsvergleich um 0,5% expandieren werden. 2021 tendierten sie im Wesentlichen seitwärts. „Damit der Transformationsprozess hin zu einer nachhaltigeren und moderneren Wirtschaft gelingen kann, muss die Investitionsdynamik deutlich stärker zunehmen“, sagte BVR-Vorstandsmitglied Andreas Martin zum BVR-Konjunkturbericht. Dazu sei „ein Dreiklang erforderlich aus einer allgemein investitionsfreundlichen Ausrichtung der Finanzpolitik, aus gezielten Anreizen für Investitionen in Nachhaltigkeit im Rahmen von Förderprogrammen und aus einer deutlichen Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren“. Die im Koalitionsvertrag geplanten „Superabschreibungen“ seien daher zu begrüßen.

Auch der Hauptgeschäftsführer des Industrieverbands DIHK, Martin Wansleben, hatte am Freitag bei der Vorstellung der aktuellen Konjunkturumfrage einen kräftigen Investitionsschub angemahnt (vgl. BZ vom 12. Februar). Die Unternehmen zeigten sich allerdings abwartend: Zu Jahresbeginn 2022 will knapp ein Drittel der rund 28000 vom DIHK befragten Betriebe die Investitionen ausweiten, während knapp jeder fünfte Betrieb mit weniger Investitionen plant. Laut der Gemeinschaftsstudie „Mittelstand im Mittelpunkt“ des BVR und der DZ Bank planten zuletzt 76% der befragten Unternehmen in den kommenden Monaten Investitionen – vor allem in die Digitalisierung, in Prozessautomatisierungen und in Nachhaltigkeit.

Im Coronajahr 2020 waren die Bruttoanlageinvestitionen um 2,2% gesunken, 2021 legten sie um 1,3% zu. Bei den Ausrüstungsinvestitionen betrug der Zuwachs nach dem Minus 2020 um 11% dann 3,2% – ein Plus in dieser Größenordnung wird auch für das laufende Jahr erwartet. Um die Klimaziele zu erreichen, sind Studien des Industrieverbands BDI und der Strategieberatung BCG zufolge aber bis 2030 Mehrinvestitionen von jährlich etwa 100 Mrd. Euro nötig. Die Förderbank KfW veranschlagt einen Betrag von 72 Mrd. Euro pro Jahr bis zum Erreichen des gesetzlich verankerten Klimaschutzzieles bis 2045. Die Superabschreibungen sollen 2022 und 2023 Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung forcieren. Allerdings wurde zuletzt über eine Verschiebung spekuliert, weil die Auftragsbücher der Unternehmen so voll sind wie selten.

Dem BVR gehen die Bestrebungen der Ampel-Koalitionäre zur Verbesserung des finanzpolitischen Um­felds nicht weit genug. „Hilfreich wäre eine weiter reichende Steuerreform“, sagte Martin. Eine Senkung des Körperschaftsteuersatzes um 5 Punkte auf 10% sowie die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags könnten die Investitionstätigkeit der Unternehmen langfristig anregen. Der „Soli“ werde zu großen Teilen von mittelständischen Unternehmen getragen und wirke so wie eine zusätzliche Unternehmenssteuer. Luft nach oben sieht der BVR auch bei Förderprogrammen und der Planungssicherheit.

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