Wirtschaftswachstum

Japans Wirtschaft wächst überraschend kräftig

Ein solider Privatkonsum hat Japans Wirtschaft trotz einer Exportschwäche zu einem Konjunkturaufschwung verholfen, der auch den Aktienmarkt weiter antreibt.

Japans Wirtschaft wächst überraschend kräftig

Japans Wirtschaft wächst überraschend stark

Optimistische Anleger treiben Aktienmarkt auf 33-Jahres-Hoch – Privater Konsum erholt sich kräftig

mf Tokio

Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) von Japan ist zum Jahresauftakt um 0,4% zum Vorquartal bzw. mit einer Jahresrate von 1,6% unerwartet stark gewachsen. Japanische Ökonomen hatten im Schnitt nur ein Plus von 1,1% erwartet. Zwar brachen die Exporte wie erwartet ein, aber eine kräftige Erholung des Privatkonsums und eine hohe Zunahme von ausländischen Touristen stützten. Nach der Veröffentlichung des BIP stieg der marktbreite Topix-Aktienindex um 0,4% auf ein 33-Jahres-Hoch, der Nikkei 225 überwand erstmals seit knapp zwei Jahren wieder die Schwelle von 30.000 Punkten.

Zum Jahresauftakt steigerten die Konsumenten ihre Ausgaben um 0,6% zum Vorquartal. Ein Schwerpunkt waren Dienstleistungen wie Restaurantbesuche, zugleich sprang die Nachfrage nach Autos und langlebigen Gütern nach oben. Der Privatkonsum kletterte damit das vierte Quartal in Folge, was auf das Auslaufen der Corona-Pandemie zurückgeführt wird. Auch der Verzicht der Bank of Japan auf eine Erhöhung der Zinsen könnte den Kauf langlebiger Güter gestützt haben. Die privaten Unternehmen erhöhten ihre Kapitalausgaben um 0,9% und damit zum ersten Mal seit zwei Quartalen.

Unterdessen fielen die Exporte erstmals seit sechs Quartalen – und zwar um 4,2% und zugleich so kräftig wie seit drei Jahren nicht mehr, obwohl die Konjunktur beim wichtigsten Handelspartner China wieder ansprang. Die Schwachstellen bei den Ausfuhren waren Fahrzeuge und Maschinen für die Chipproduktion. Die Importe gingen vor allem infolge gesunkener Energiepreise um 2,3% zurück. Unterm Strich drückten diese Rückgänge die Wachstumsrate um 0,3 Punkte. Die öffentlichen Investitionen blieben nahezu unverändert.

Reale Kaufkraft schwindet

„Während wir die Abwärtsrisiken für die Weltwirtschaft im Auge behalten müssen, erwarten wir, dass sich die bescheidene Konjunkturerholung fortsetzt“, sagte Wirtschaftsminister Shigeyuki Goto und verwies auf die Verbesserung des Verbrauchervertrauens, robuste Unternehmensausgaben und die höchsten Lohnzuwächse der Beschäftigten von Großunternehmen seit drei Jahrzehnten.

Dennoch erwarten Ökonomen für den weiteren Jahresverlauf weniger Wachstum. Die hartnäckige Inflation, die deutlich über der Zielrate der Notenbank von 2% liegt, könnte die Konsumlaune trüben, da die Kaufkraft der Verbraucher real zurückgeht. Im Juni steigen die Strompreise je nach Versorger voraussichtlich zwischen 15% und 40%. Als mögliche Belastung der Exportindustrie gilt eine Rezession in den USA.

„Die positive Überraschung beim BIP-Wachstum im ersten Quartal sollte nicht überbewertet werden“, schrieb LBBW-Analyst Matthias Krieger. „Sollte die Binnennachfrage in Japan wie erwartet wieder abflauen, dürfte der Außenhandel kaum die Impulse liefern können, die für einen veritablen Aufschwung isoliert von der Entwicklung der übrigen Weltwirtschaft vonnöten wären.“ Krieger sagt für 2023 ein „sehr moderates“ Jahreswachstum in der Größenordnung von einem halben Prozent vorher.

Das nominale BIP stieg um 1,7% bzw. mit einer Jahresrate von 7,1%, der größte Zuwachs seit dem dritten Quartal 2020. Die gleichzeitige Revision der Wachstumsrate für den Zeitraum Oktober bis Dezember auf minus 0,1% bedeutet, dass die japanische Wirtschaft im zweiten Halbjahr 2022 eine technische Rezession mit zwei negativen Quartalen hintereinander durchlaufen hat.

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