Haushaltskrise

Kabinett billigt Nachtragsetat 2023 mit Nettokreditaufnahme von 71 Mrd. Euro

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts will die Ampel-Koalition reinen Tisch machen. Mit einem Nachtragshaushalt werden Kredite aus Sondervermögen im Kernhaushalt ausgewiesen. Die Nettokreditaufnahme steigt damit von zuletzt geplanten 45,6 Mrd. Euro auf 70,6 Mrd. Euro.

Kabinett billigt Nachtragsetat 2023 mit Nettokreditaufnahme von 71 Mrd. Euro

Kabinett billigt Nachtragsetat 2023

Schulden in diesem Jahr bei 71 Mrd. Euro – Beschluss einer außergewöhnlichen Notlage

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts will die Ampel-Koalition zunächst für 2023 reinen Tisch machen. Mit einem Nachtragshaushalt werden Kredite aus Sondervermögen im Kernhaushalt ausgewiesen. Die Nettokreditaufnahme steigt damit von zuletzt geplanten 45,6 Mrd. Euro auf 70,6 Mrd. Euro.

wf Berlin

Das Bundeskabinett hat in Berlin für 2023 einen Nachtragshaushalt beschlossen. Die Nettokreditaufnahme steigt auf 70,6 Mr. Euro. Bislang waren neue Schulden von 45,6 Mrd. Euro geplant. Nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil wurden nun Kredite von Sondervermögen mit einbezogen, die die Karlsruher Richter als verfassungswidrig angegriffen hatten. Dies betrifft den Klima- und Transformationsfonds (KTF), den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) und den Aufbauhilfefonds für Flutopfer der Ahr. Neues Geld fließt nicht. Der Bundestag muss wegen der Überschreitung der Schuldenbremse 2023 um 44,8 Mrd. Euro eine Notlage feststellen.

An diesem Dienstag gibt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine Regierungserklärung ab. Am Freitag debattiert der Bundestag. Der Etat soll noch vor der Bundesratssitzung am 15. Dezember beschlossen werden. Die Bundesregierung ziehe mit dem Nachtragshaushalt Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, teilte das Finanzministerium mit. "Wir nehmen in diesem Jahr keine zusätzlichen Schulden auf, sondern im Ergebnis sogar weniger", erklärte Finanzminister Christian Lindner (FDP) in Berlin. Die Kreditaufnahme werde wegen des Karlsruher Urteils neu verteilt. Die Notlage wird mit der Energiekrise nach dem Angriffskrieg Russlands begründet.

Kreditspielraum enger

Der reguläre Kreditspielraum gemäß Schuldenbremse wird für 2023 um 10 Mrd. Euro enger. Wegen der Feststellung einer außergewöhnlichen Haushaltsnotlage muss der Spielraum anhand aktueller, nominaler Konjunkturdaten neu gerechnet werden. Die Daten zeichnen nun ein besseres Bild als Ende 2022 erwartet. Neu einbezogen in den Nachtragsetat wurde die Steuerschätzung vom Oktober mit 1,8 Mrd. Euro Mindereinnahmen. Mit diversen Korrekturen bei Zinsen, Gewährleistungen und absehbar ausbleibenden Ausgaben summiert sich die Neuverschuldung auf 27,4 Mrd. Euro. Um 3,3 Mrd. Euro wird die Entnahme aus der Rücklage von 40,5 Mrd. Euro aufgestockt, um Löcher zu stopfen. Die früheren Etatüberschüsse sind damit aufgebraucht. Gestrichen wurden für 2023 auch 10 Mrd. Euro für das Generationenkapital. Das Gesetz zur Aktienrente steht aus.

Mit dem Nachtragsetat werden 60 Mrd. Euro Kreditermächtigungen aus dem KTF gestrichen. 2024 reichen die Mittel jedoch für den Ausgabenplan. Der WSF wird Ende 2023 geschlossen. 44,3 Mrd. Euro Kredite werden in den Haushalt umgebucht. Ausgaben des WSF sind Lindner zufolge 2024 nicht mehr möglich. Finanziert werden aus dem WSF die Strompreisbremse und die Stabilisierung der Netzentgelte. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will an der Förderung zum Umbau der Wirtschaft festhalten. "Es gibt eine gemeinsame Suche, jetzt Wege zu finden" sagte Habeck nach Beratungen mit seinen Amtskollegen aus den Ländern. Die Projekte im KTF beträfen den "wirtschaftlichen Kern Deutschlands".

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