Karel de Gucht 65
fed – Er zählt sicherlich zum illustren Kreis der undiplomatischsten Diplomaten: Der Belgier Karel de Gucht hat in seiner politischen Karriere eine riesengroße Zahl von Gesprächspartnern, Gegenspielern und sogar Kollegen mit seinen freimütigen und unverblümten Bemerkungen provoziert – wenn nicht gar zur Weißglut gebracht. In der Demokratischen Republik Kongo – für belgische Politiker ohnehin ein Ort, an dem sie angesichts der gewaltsamen kolonialen Geschichte ihre Worte gut bedenken sollten – sorgte de Gucht für einen Eklat, als er bezweifelte, dass die dortige “chaotische” Regierung für die Korruptionsbekämpfung tauge.Auch seine pauschale Einlassung, dass Vertreter jüdischer Verbände rechthaberisch seien, kam nicht überall gut an. Das Simon Wiesenthal Institut setzte Aussagen de Guchts auf die Top-Ten-Liste antisemitischer Verunglimpfungen. Frei nach dem Motto, lieber einen guten Freund verlieren als sich einen schlechten Witz verkneifen, brachte de Gucht auch die niederländische Regierung gegen sich auf, als er Premier Jan Peter Balkenende als Mischung aus einem braven Spießbürger und Harry Potter bezeichnete.Kurzum: Politische Korrektheit ist seine Sache sicherlich nicht. Selbst in Auftritten vor der Presse schert sich de Gucht nicht wirklich darum, wie seine manchmal breitbeinigen und stets äußerst selbstbewussten Auftritte bei den Zuhörern ankommen.Geboren als Bauernsohn im belgischen Ostflandern studierte de Gucht an der flämischsprachigen Universität Brüssels Recht. 14 Jahre lang war er auf dem Ticket der flämischen Liberalen Mitglied des EU-Parlaments, dann im belgischen Senat und im flämischen Parlament. In der Regierung seines Parteifreunds Guy Verhofstadt übernahm de Gucht das belgische Außenministerium, bevor er in die EU-Kommission wechselte und dort erst für humanitäre Hilfe und später für Außenhandel zuständig wurde. In dieser Rolle war er als Chefunterhändler für das umstrittene und später gescheiterte Freihandelsabkommen mit den USA zuständig – ein Job, geradezu gemacht für de Gucht. Denn TTIP-Unterhändler ist ganz sicher nichts für Menschen, die Angst haben, sich unbeliebt zu machen. Am Sonntag wird Karel de Gucht 65 Jahre alt.