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Karlspreis an "englischen Europäer" verliehen

Von Andreas Heitker, zzt. Aachen Börsen-Zeitung, 26.5.2017 Der britische Historiker und Publizist Timothy Garton Ash ist gestern mit dem diesjährigen Internationalen Karlspreis ausgezeichnet worden. Zur Begründung hieß es in Aachen, der 66-jährige...

Karlspreis an "englischen Europäer" verliehen

Von Andreas Heitker, zzt. AachenDer britische Historiker und Publizist Timothy Garton Ash ist gestern mit dem diesjährigen Internationalen Karlspreis ausgezeichnet worden. Zur Begründung hieß es in Aachen, der 66-jährige Professor für Europäische Studien an der Oxford-Universität sei ein “überzeugender und bedeutender englischer Europäer und europäischer Engländer”. Garton Ash biete “den Populisten und Vereinfachern unserer Zeit die Stirn und entwickelt Ideen, wie wir uns in der globalisierten Welt verhalten sollten”. Zudem sei er ein leidenschaftlicher Kämpfer gegen den Brexit gewesen.Garton Ash hatte den Referendumsausgang vor knapp einem Jahr als “die größte Niederlage meines politischen Lebens” bezeichnet. Bei der Preisverleihung betonte er, er stehe mit seiner Haltung nicht allein: Die britischen Europäer hätten auch heute noch nicht aufgegeben.Timothy Garton Ash ist als Preisträger Nachfolger unter anderem von Papst Franziskus (2016), Martin Schulz (2015) und Herman Van Rompuy (2014). Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (2012) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (2008) waren schon mit dem Internationalen Karlspreis ausgezeichnet worden.Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verwies in seiner Laudatio darauf, dass das europäische Bewusstsein von Garton Ash bereits Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre geprägt wurde – bei Besuchen in West-Berlin, der DDR und Polen. In Danzig lernte er bei Recherchen für ein Buch damals bereits den heutigen EU-Ratspräsidenten Donald Tusk kennen. Garton Ash, der mit einer Polin verheiratet ist, ist den osteuropäischen Staaten bis heute tief verbunden geblieben. Die Umbrüche in der Region in den 1980er Jahren hat er vor Ort erlebt. Er habe quasi “am Küchentisch der Weltgeschichte” gesessen, was man seinen Büchern auch anmerke, betonte Steinmeier.Der Karlspreis-Träger war immer auch publizistisch tätig, hat für Zeitungen geschrieben und zahlreiche Bücher veröffentlicht (“Ein Jahrhundert wird abgewählt”, “Im Namen Europas”). Zuletzt erschien 2016 sein Werk “Redefreiheit. Prinzipien für eine vernetzte Welt”, in dem er zehn Grundsätze für die Kommunikation in der digitalen Welt formulierte.In Aachen lobte der Historiker, Deutschland habe nach der Wiedervereinigung seine “zweite Chance” genutzt und rage heute “wie eine Insel der Stabilität, der Besonnenheit und des Liberalismus aus einem Ozean des nationalistischen Populismus heraus”. Es gehe jetzt darum, Europa mit Mut und zusammen mit Frankreich voranzubringen. “Europa ist nie fertig”, betonte er. Der Kontinent sei “verdammt, immer zu werden und niemals zu sein”. Er müsse gemeinsam gestaltet werden.